Merkel gewinnt mit Steinmeier

Geschrieben von: am 14. Nov 2016 um 13:08

Nachdem zwei Spitzentreffen im Bundeskanzleramt (scheinbar) ergebnislos vertagt worden sind, will die Union jetzt doch die Kandidatur von Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) als neuen Bundespräsidenten unterstützen. Es bleibt die Frage, was die SPD dafür bezahlen muss. Der Verlust des Außenministerpostens in der nächsten Großen Koalition? Oder vielleicht die Zustimmung der SPD zu einer Grundgesetzänderung, um die Privatisierung von Autobahnen zu ermöglichen, die Schäuble und auch Gabriel unbedingt wollen, die SPD Basis aber nicht? Eins steht jedenfalls fest. Merkel gewinnt.

Bislang dichten die Medien der Kanzlerin eine Niederlage an, da sie es nicht geschafft habe, einen eigenen Kandidaten aus ihren Reihen zu finden und deshalb dem Vorschlag Steinmeier, der ja so beliebt sei, am Ende zustimmen musste. Wer den Politikbetrieb kennt, weiß, dass es so einfach mit Sicherheit nicht gelaufen ist. Möglicherweise war die Kandidatur Steinmeiers schon lange klar und es ging bei den Gesprächen im Bundeskanzleramt nur noch um die Höhe des Preises, den die SPD dafür zu zahlen hat.

Die Medien mutmaßen jetzt, dass Martin Schulz von Brüssel nach Berlin wechselt und den Außenministerposten von Steinmeier übernimmt. Dann wird Gabriel „Kanzlerkandidat“ und alles wäre in bester Ordnung. Ein großer Sieg für den SPD-Chef, dessen „freches“ Vorpreschen Merkel erst unter Druck gesetzt und nun zur Aufgabe gezwungen habe. Vielleicht ist das so. Gabriel hat die anderen Personalfragen erst einmal vertagt. Es ist daher ebenso wahrscheinlich, dass diese Storyline abgesprochen war, um es der SPD-Basis leichter zu machen, anderen noch kommenden Grausamkeiten zuzustimmen.

Seht her, wir haben Steinmeier durchgesetzt und Angela Merkel eine Niederlage beigebracht. Dabei dürften Merkel und die Union am wenigsten ein Problem mit dem Kandidaten Steinmeier haben, der schon immer stramm auf neoliberaler Linie war und eher mit seiner eigenen Partei fremdelte, als mit dem politischen Gegner. Tatsächlich feiert die SPD-Führungsspitze die getroffene Entscheidung.

https://twitter.com/kahrs/status/798097321846308864

Ohne SPD geht es nicht

Die SPD hat zwar ihren Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten durchgesetzt, wird sich aber in anderen Fragen dem Willen der Union wie gehabt und nach dem Motto „Mit den Schwatten war leider nicht mehr drin“ unterwerfen. Ohne die Sozialdemokraten ist beispielsweise keine Grundgesetzänderung möglich, die aber benötigt wird, um die Bundesfernstraßengesellschaft zu gründen, die Schäuble und auch Gabriel wollen. Mit ihr und viel staatlicher Hilfe soll den Versicherungskonzernen, die verzweifelt nach gut verzinsten Anlagemöglichkeiten suchen, ein neues Geschäftsfeld eröffnet werden. Damit ließe sich dann auch der weitere Ausbau der privaten Altersvorsorge politisch forcieren.

Am vergangenen Freitag ist übrigens auch der Etat für 2017 mit den Stimmen der SPD im Haushaltsausschuss beschlossen worden. Er sieht vor allem höhere Ausgaben für innere und äußere Sicherheit, weniger für soziale Zwecke und natürlich das Festhalten an der schwarzen Null vor. Der Haushalt 2017 bildet damit die Grundlage für eine Fortsetzung der neoliberalen Politik sowie der Großen Koalition über die kommende Bundestagswahl hinaus. Nur darüber spricht am heutigen Montag schon keiner mehr.

Stattdessen wird behauptet, Merkel sei eine Verliererin. Das ist eindeutig falsch. Es sei noch einmal auf die letzte peinliche Kandidatenkür vor fünf Jahren verwiesen. Joachim Gauck hat Merkel nicht geschadet, wohl aber denen, die ihn vorschlugen, um der Kanzlerin eins auszuwischen. Die FDP flog aus dem Bundestag und SPD wie Grüne haderten das ein oder andere Mal mit dem lernenden Staatsoberhaupt im Schloss Bellevue, das immer nur von Freiheit sprach und manches andere als unsäglich albern empfand.

1

Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
  Verwandte Beiträge

Kommentare

  1. Frank Frei  November 14, 2016

    Wieso? Der Steini war doch immer schon bei der CDU. Oder nicht?