Kuhhandel mit Geistern

Geschrieben von: am 31. Okt 2016 um 12:35

Halloween GeisterAm Sonntag treffen sich die Spitzen der #GroKo mal wieder im Kanzleramt. Wichtigstes Thema: Die anstehende Wahl zum Bundespräsidenten. Eine Kandidatin oder ein Kandidat muss her. Die Medien laufen sich schon einmal warm und schreiben die bevorstehende Entscheidung zu einem Showdown hoch, weil sich SPD-Chef Gabriel auf seinen Kollegen Steinmeier bereits festgelegt zu haben scheint.

Was wird Merkel machen? Steht sie gar unter Druck, weil sie keinen eigenen Vorschlag vorweisen kann? Und wenn sie einen hätte, müsste der oder die noch besser sein, als die beliebte Eule aus den Reihen der SPD. Eine Mission Impossible, meinen viele. Merkel kann da nur verlieren und die SPD einen Punktsieg verbuchen, sollte Steinmeier das Rennen machen. So ein Quatsch, denn ohne Kuhhandel läuft so eine Nummer ja nicht ab.

Hat Merkel denn im Nachhinein verloren, als sie sich bei ihren bisherigen Bundespräsidentenversuchen blamierte? Nein. Die peinliche Kür des letzten Kandidaten Gauck, den sie ja eigentlich nicht wollte, hatte zur Folge, dass die FDP, die ihr das Kuckucksei ins Nest legte, nur ein Jahr später mit Pauken und Trompeten aus dem Bundestag flog und die Kanzlerin knapp am Gewinn der absoluten Mehrheit vorbei schrammte. Zu Tagen wie diese schunkelte die alte und neue Kanzlerin im Herbst 2013 in der CDU-Zentrale herum, auf dem Höhepunkt ihrer Macht angekommen.

Ihr kann es am Ende ziemlich egal sein, welcher Horst den Grußaugust gibt. Sie bleibt Kanzlerin. Sollte Steinmeier ins Schloss Bellevue ziehen, könnte Merkel im Gegenzug sogar das Außenministerium für die Union gewinnen. Komisch, dass keiner mal darüber nachdenkt, wie ein Kuhhandel aussehen könnte und wer die Nachfolge von Steinmeier übernähme, wenn dieser ins höchste Staatsamt wechselte.

Norbert Röttgen vielleicht, der bei Merkel noch einen gut hat, nachdem sie ihn wegen seiner Wahlschlappe in NRW 2012 aus dem Amt des Bundesumweltministers feuerte. Überraschenderweise wurde „Muttis Klügster“ nach der letzten Bundestagswahl Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses und damit als Gegengewicht zum SPD-Minister installiert. Nun könnte er übernehmen.

GroKo-Arithmetik

Denn die übliche GroKo-Arithmetik, wonach ein CDU-Finanzminister zwingend einen SPD-Außenminister zufolge hat, zählt ja dann nicht mehr, wenn die Mehrheitsfraktion den Bu-Prä-Kandidaten des kleineren Partners akzeptieren würde. Röttgen ist inzwischen auf Merkels Linie eingeschwenkt und gilt als scharfer Kritiker von Steinmeiers Außenpolitik.

Als dieser vor lautem Säbelrasseln und Kriegsgeheul der NATO warnte, wies Röttgen das als ungeheuerlichen Vorwurf zurück und unterstellte dem SPD-Mann, sich nur innerparteilich profilieren zu wollen. Was läge also näher, die Zustimmung zu einem Bundespräsidenten Steinmeier an die Kröte Röttgen zu knüpfen? Es wäre ein würdiger Kuhhandel im üblichen Geschacher um das Präsidentenamt.

Vermutlich kommt es aber ganz anders. Vermutlich werden sich die Spitzen der drei Parteien am Sonntag wieder in Harmonie vertragen und vertagen. Geister und Eulen werden derweil weiter als Schreckgespenster ihre Runden drehen.

Mehr zur Bundespräsidentenwahl hier.

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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