Böser Kampf guter Kampf

Geschrieben von: am 17. Okt 2016 um 19:36

Während die Russen in Aleppo böse Bomben abwerfen, um Menschen wahllos abzuschlachten (Zitat: nach der Witzfigur der Brexit-Kampagne, Boris Johnson, der jetzt britischer Außenminister spielen darf) leisten die Amerikaner über Mossul als Teil einer breiten Anti-IS-Koalition lediglich Unterstützung aus der Luft. So berichten es jedenfalls einige Medien heute, die beide Meldungen, ohne rot zu werden, aneinanderreihen.

Die gerade gestartete Offensive im Irak wird aber nicht als Auftakt zum Schlachten verstanden, sondern eher als Mutter aller Schlachten oder als Entscheidungsschlacht mit historischem Charakter. Ein Kampf, der möglichst erfolgreich verlaufen müsse, auch wenn er noch Wochen andauern sollte, wie schon einmal vorsorglich verkündet wird.

Während über den einen Kampf seit Wochen als Verbrechen gesprochen wird, soll der andere unter Führung der USA wie so oft der Befreiung dienen. Im Fernsehen laufen schon wieder die Bilder des scheinbar „gerechten Krieges“. Rauchsäulen sind zu sehen und Videoaufnahmen von Gebäuden, die genau im vorgegebenen Fadenkreuz explodieren, so als wolle man wieder zeigen, wie chirurgisch präzise die Bomben der richtigen Seite doch wirken können.

Ganz selbstverständlich wird positiv über den Kampf gegen den IS  und über erste Erfolge berichtet, nachdem die Offensive einen Tag zuvor in den angeschlossenen Medien bereits groß angekündigt worden war. Der deutsche Außenminister hofft derweil in Brüssel auf einen Wendepunkt im Irak, während er mit seinen Amtskollegen gleichzeitig über Sanktionen gegen Russland berät.

Deren Bombardements in Syrien sind nämlich eine Grausamkeit, weil sie eine humanitäre Katastrophe auslösten, die unbedingt beendet werden müsse. Schätzungsweise 250.000 Zivilisten sind in Ost-Aleppo eingeschlossen. In Mossul befürchtet man eine ähnlich hohe Zahl an Flüchtlingen unter den bis zu 1,5 Millionen Zivilisten, die in den kommenden Tagen von allen Seiten aus beschossen werden.

Von einer humanitären Katastrophe geht aber trotz des zu erwartenden langen Waffengangs in Mossul niemand aus. Wenn Menschen sterben, dann entweder als zivile Schutzschilde der IS-Terroristen oder aber als Kollateralschäden, der bloß aus der Luft unterstützenden Staaten. So erzählt es jedenfalls der Korrespondent, den die Tagesschau aus Kairo zugeschaltet hat.

Der Kampf soll schließlich zur Befreiung führen, verkündet die irakische Regierung im nächsten Einspieler. Die Menschen werden sich daher sicher auch freuen, wenn die Befreier kommen, die sich aus zahlreichen Gruppierungen zusammensetzen, von denen unisono behauptet wird, sie seien sich in ihren Zielen einig. Wie aber der IS so stark werden konnte und woher er seine vielen Waffen hat, die Luftunterstützer schweigen lieber.

Die syrische Regierung hingegen führt natürlich keinen Befreiungskampf auf ihrem Territorium. Sie ist ja ein Regime und Assad ein Diktator, der die Russen nur eingeladen hat, um Kriegsverbrechen gegen das syrische Volk zu begehen. Weshalb jetzt über Sanktionen gegen Russland und Syrien eindringlich verhandelt werden muss.

Ach übrigens: Die mittlerweile schon wieder rund 6000 US-Soldaten im Irak nehmen natürlich nur eine rein „defensive Rolle“ ein, während die zirka 4000 russischen Soldaten in Syrien Ausdruck großer Pläne Putins seien. Nie war die Verlogenheit und die Doppelmoral des Westens so schlimm wie heute.

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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Kommentare

  1. Gerhard Kugler  Oktober 18, 2016

    Zustimmung. Mir fiel das Gleiche in der ZDF-Heute-Sendung auf. Die Meldungen/Berichte kamen direkt hintereinander. Bezüglich Mossul wurde sogar eingestanden, dass mit 1 Million zusätzlicher Flüchtlinge gerechnet werden müsse. Irgendwann endet die Entwicklung in den Medien noch so, dass nur noch bewertet wird im Sinne der „westlichen Wertegemeinschaft“. Ohne Fakten. Die brauchen wir nicht mehr. Einhämmern. Einhämmern. Einhämmern.
    Gerhard Kugler