Mieses Spiel mit Griechenland geht weiter

Geschrieben von: am 11. Okt 2016 um 16:53

Euro Europa GriechenlandDas miese Spiel der EU-Finanzminister unter Führung von Wolfgang Schäuble gegen Griechenland geht weiter. Die vereinbarte nächste Tranche aus dem sogenannten Rettungsprogramm in Höhe von 2,8 Milliarden Euro wird nicht komplett, sondern nur zum Teil (1,1 Milliarden Euro) ausgezahlt. Die Begründung für die erneute Kürzung ist wie immer die Behauptung, dass noch weitere Informationen aus Athen benötigt würden oder einfach noch (deutsche) Bedenken bestünden.

Die Gläubiger entscheiden weiterhin nach Gutdünken, ob und wie sie dem südeuropäischen Land neue Kredite zukommen lassen. Zwar gibt es klare Vereinbarungen, an die sich aber nur die Griechen zu halten haben. Die Gläubiger müssen das offenkundig nicht, sondern dürfen je nach Gemütszustand und ohne Angabe von Gründen ihre Entscheidung fällen oder vertagen. So wird zwar festgestellt, dass Griechenland alle geforderten Reformschritte abgearbeitet habe, das Land müsse aber noch nachweisen, das es Hilfsgelder aus dem Juni dazu verwandt habe, Schulden bei griechischen Firmen zu begleichen, so die offiziell abgestimmte Position.

Wer, wenn nicht die Gläubiger selbst könnten das denn genau wissen. Sind es doch sie, die den Rückfluss und die Verwendung sogenannter „Hilfsgelder“ genau überwachen. Alles was in Griechenland entschieden wird, muss vorher über den Schreibtisch der Troika-Gesandten, die natürlich umgehend Bericht erstatten. So zu tun, als wüsste man nicht, was los ist, soll die Öffentlichkeit bloß täuschen und die Griechen hinhalten. In Wirklichkeit herrscht weiter Streit zwischen den Gläubigern, die im Mai diesen Jahres einen Deal schlossen, den jeder anders zu interpretieren pflegt.

Damit der IWF formal an Bord blieb, stellte die Schäuble-Fraktion Schuldenerleichterung (einen Zeitplan) für Griechenland in Aussicht, von denen er heute schon nichts mehr wissen will oder die schreibende Zunft zumindest nicht. Die Gläubiger verständigten sich auf eine Auszahlung von 10,3 Milliarden Euro in diesem Jahr, von denen zunächst aber nur 7,5 Milliarden im Sommer überwiesen wurden. Begründung, siehe oben. Im Herbst sollten weitere 2,8 Milliarden Euro folgen. Doch das geschah nicht. Begründung siehe oben. Die Gläubiger erhöhten im September den Druck auf Athen, um vom Streit in den eigenen Reihen weiter abzulenken.

Fortgesetzter Streit auf dem Rücken Griechenlands

Verwundern muss doch das Zustandekommen der jüngsten Nichteinigung. Im Vorfeld der Ministerrunde gab es die üblichen deutschen Bedenken, weshalb die Gewährung der nächsten Tranche wieder beinahe geplatzt wäre. Auf der anderen Seite verkündete der EU-Währungskommissar Pierre Moscovici, dass alle Reformpunkte durch die Griechen abgearbeitet wurden und einer Auszahlung der Tranche nichts im Wege stünde. Das zeigt einmal mehr die Uneinigkeit der Gläubiger untereinander, die Griechenland regelmäßig vorwerfen, nur auf den letzten Drücker zu handeln.

Der Riss zwischen der Schäuble-Linie und dem IWF besteht nach wie vor und wird wegen pathologischer deutschen Borniertheit fortwährend auf dem Rücken Griechenlands ausgetragen.

Der Internationale Währungsfonds hält die Schulden Griechenlands immer noch nicht für tragfähig und plädiert daher konsequent für einen Schuldenschnitt. Zuletzt noch einmal beim Jahrestreffen von Währungsfonds und Weltbank in Washington Ende letzter Woche, bei dem IWF-Chefin Lagarde deutliche Worte an Schäuble richtete. Er und seine Anhänger, wie Eurogruppenchef Jereon Dijsselbloem, lehnen einen Schuldenschnitt aber weiterhin entschieden ab, weil sie die Griechen als Sündenbock für die gescheiterte Eurorettungspolitik brauchen. Sie wollen ihren Plan daher durchziehen, aber den IWF gleichzeitig zwingen, an Bord zu bleiben.

Schäuble nennt dieses schäbige Spiel, den Reformdruck auf die linke Regierung aufrechterhalten. Denn das Problem Griechenlands sei aus Sicht des deutschen Kassenwartes nicht der Schuldenberg, sondern die fehlende Wettbewerbsfähigkeit des Landes. Die können die Griechen aber erst dann verbessern, wenn Schäuble selbst mit einem Abbau des extrem hohen deutschen Importdefizits beginnt, also etwas für die Binnenkonjunktur im eigenen Land täte. Das will die schwarze deutsche Hauhaltsnull aber auf keinen Fall, tut aber so, als würden seine angekündigten Steuererleichterungen ungeahnte konjunkturelle Aufschwünge auslösen.

Der deutsche Finanzminister sieht ja auch keinen Zusammenhang zwischen dem deutschen Leistungsbilanzüberschuss und den Defiziten des Auslands sowie der dort steigenden Arbeitslosigkeit. Schäuble und diejenigen, die sein Vorgehen immer noch unterstützen, arbeiten damit weiter an einer Spaltung Europas, die sie den Opfern dieser Politik auch noch auf plumpe Art und Weise in die Schuhe schieben. Doch es gelingt immer wieder, weil so viel Zeit zwischen den zahlreichen Gipfeltreffen vergeht und keiner mehr versteht, welche antieuropäische Rolle die Ignoranten auf Seiten der Gläubiger längst eingenommen haben.

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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