Die Commerzbank hat einen radikalen Stellenabbau angekündigt, einer der größten Aktionäre, der Bund, äußert sich dazu lieber nicht. Der Deutschen Bank wachsen hingegen die Gerichtsverfahren allmählich über den Kopf, an deren Ende nun ein finanzielles Todesurteil stehen könnte. Das Bankenwesen hierzulande wankt, mal wieder und aller Beteuerungen zum Trotz. Die Finanzkrise ist heimgekehrt.
Ein Jahr vor der Bundestagswahl wird es turbulent. Während die einen schon wieder große Steuersenkungen versprechen, weil es uns angeblich ja immer noch so gut geht, klagen die anderen weiterhin über fehlende Investitionen. Überall bröckeln Straßen, Brücken und Schulen vor sich hin. Aber das ruft keine Besorgnis hervor, erst wenn die hübsche Fassade der systemrelevanten deutschen Bankenwelt zu zerbröseln beginnt, wird über Notfallpläne diskutiert. Das Ausland unkt bereits, weil nun der Musterschüler an der Reihe ist, der sonst anderen gern empfiehlt vorschreibt, wie sie mit den Folgen der Finanzkrise umzugehen haben.
Geschaffene Instrumente taugen für den Ernstfall nicht
Die Antworten aus Deutschland waren häufig mit einem Verweis auf EU-Regeln versehen. Ein Bail-out mit Steuergeldern scheidet demnach aus, da seit dem 1. Januar diesen Jahres der einheitliche Abwicklungsmechanismus (Single Resolution Mechanism – SRM) gilt. Er soll den Steuerzahler vor den Kosten einer neuerlichen Bankenrettung schützen und zuerst die Gläubiger einer Bank mit bis zu acht Prozent ihrer Einlagen beteiligen. Dennoch arbeitet die Bundesregierung laut Medienbericht bereits an einem Notfallplan für die Deutsche Bank. Vielleicht weil klar ist, dass der neu geschaffene Abwicklungsfonds, in den alle europäischen Banken einzahlen sollen, viel zu klein bemessen ist, um einen so großen Spieler wie die Deutsche Bank aufzufangen.
Im Ernstfall taugen die mit viel Tamtam geschaffenen Instrumente also nichts, das ist schon jetzt klar, obwohl noch gar kein Urteil gesprochen ist. Deutschland wäre offensichtlich wieder bereit, die Regeln als erstes zu brechen, die es gerade erst für alle (anderen) aufgestellt hat.
Die Deutsche Bank ist ein Systemrisiko, das machte auch der Stresstest der europäischen Bankenaufsicht (EBA) im Juli deutlich. Bei diesem Test schnitten die hiesigen Banken schlecht ab. Die Deutsche Bank und die Commerzbank tauchten sogar auf der Liste der zehn anfälligsten Institute innerhalb Europas auf. Daraufhin ließen deren Sprecher umgehend verlauten: „Unsere Bilanz ist gesund“ und: „Wir sind widerstandsfähig und stressresistent.“ Weshalb jetzt auch bei der Commerzbank knapp 10.000 Stellen gestrichen werden sollen, betriebsbedingte Kündigungen nicht ausgeschlossen. So gesund wie widerstandsfähig und stressresistent scheinen die Institute dann doch nicht zu sein.
Zockerei rächt sich jetzt
Nun wird ein Vergleich mit dem US-Justizministerium verkündet. Statt der geforderten 14 Milliarden Dollar Strafe sollen es jetzt nur noch 5,4 Milliarden Dollar (4,8 Milliarden Euro) sein. Der Aktienkurs der Deutschen Bank stieg daraufhin kurz vor Börsenschluss am Freitag wieder und alle atmeten auf. Doch besteht gar kein Grund dazu. Auch die reduzierte Strafe würde den bankinternen Rücklagentopf für Strafzahlungen beträchtlich leeren. Etwa 5,5 Milliarden Euro liegen da noch drin.
Auf der anderen Seite bleibt die Liste der Verfehlungen lang. Geldwäsche in Russland, Verstoß gegen US-Sanktionen im Iran, US-Hypotheken, Kirch, Umsatzsteuerhinterziehung im Zusammenhang mit dem Betrug mit CO2-Verschmutzungsreichten, Manipulation von Zinssätzen, Tricksereien bei Devisen und Derivate, US-Steuerstreit.
Die Finanzkrise ist heimgekehrt und das Gerede von Kanzlerin Merkel, dass wir stärker aus der Krise hinausgekommen wären, als wir in sie hineingegangen sind, ist als falsch noch einmal entlarvt worden. Wenn es darauf ankommt, wird sie und ihr Finanzminister vermutlich genau die Regeln brechen, die sie eben noch dem italienischen Ministerpräsidenten Renzi unter die Nase hielt, als der vorschlug, die wankenden Banken in seinem Land mit Steuergeldern, statt Anlegergeldern zu stützen. Renzi lehnt das Bail-in Prinzip ab, weil vor allem Kleinsparer/Wähler betroffen wären.
Es wird also noch interessant sein zu sehen, welche Maßstäbe die deutschen Schulmeister nun anlegen werden. So oder so, die Deutsche Bank steht weiterhin unter Druck. So unter Druck, dass sich sogar Top-Manager der Wirtschaft bemüßigt fühlen, dem Institut demonstrativ den Rücken zu stärken. Nur es hilft nicht, so zu tun, als seien ausschließlich Niedrigzinsen und strengere Regeln der Aufsichtsbehörden das Problem. Es sind die Folgen der unverantwortlichen Zockerei, die den angeblich so sauberen Banken nun nachträglich das Genick zu brechen drohen.
OKT
Über den Autor:
André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.