Wie der Spiegel in seiner aktuellen Ausgabe berichtet, haben sich die Spitzen der Großen Koalition (GroKo) darauf verständigt, einen gemeinsamen Kandidaten für die Nachfolge von Bundespräsident Joachim Gauck zu nominieren. Die Entscheidung ist beim letzten Gipfeltreffen im Kanzleramt gefallen, auf dem eigentlich die Fetzen wegen der Flüchtlingspolitik hätten fliegen sollen. Das geschah bekanntlich nicht. Denn das wichtigste Thema der kommenden Wochen wird eben nicht die Flüchtlingspolitik sein, sondern welcher Kandidat oder welche Kandidatin das geringere Übel für das Ansehen der drei GroKo-Größen darstellt.
Das Gerede von einem Signal, das von einer Bundespräsidentenwahl im Frühjahr hätte ausgehen sollen, Stichwort: Breilibü (breites Linksbündnis), war von Anfang an Quatsch. Wenn überhaupt, hätte ein derartiges Signal für ein linkes Bündnis zuerst von einem konstruktiven Misstrauensvotum gegen Merkel ausgehen müssen. Eine „linke“ Mehrheit zum Sturz der Kanzlerin ist im aktuellen Bundestag ja nach wie vor vorhanden, bleibt aber ungenutzt, da weder SPD noch Grüne so einen Coup unterstützen würden.
Einfache Rechnung
Warum hätte also „ein breites Linksbündnis“, das spätestens bei der NRW-Wahl im Mai 2017 schon wieder obsolet gewesen wäre, ausgerechnet in der Bundesversammlung geschmiedet werden sollen? Um eine sozialdemokratische Kanzlerschaft in den verbleibenden sieben Monaten bis zur Bundestagswahl vorzubereiten? Wie albern ist das denn? Eine Wechselstimmung ist weit und breit nicht erkennbar, dafür umso mehr der Protest, der sich im Auftrumpfen der AfD und den sinkenden Zustimmungswerten für SPD und CDU widerspiegelt.
Das Ergebnis der Abgeordnetenhauswahl in Berlin vor einer Woche ermöglicht nun vermutlich eine rot-rot-grüne Koalition, ein Signal für einen Aufbruch oder gar eine andere Politik ist das aber bei weitem nicht. Folgt man dem Bundestrend tut sich eine ganz andere und viel einfachere Rechnung auf. Die Schwäche der Union hat zur Folge, dass Schwarz-Grün keine Option mehr ist und die anhaltende Schwäche der SPD macht Rot-Rot-Grün nun auch unmöglich. Was für ein Glück für die Grünen, die sich jetzt nicht mehr zwischen der einen und der anderen Seite zu entscheiden brauchen. Die SPD freut sich als unaustauschbarer Juniorpartner ebenfalls.
Es kann nur einen geben
Die Große Koalition bleibt als einzige wie bedauerliche Perspektive also übrig. Das grenzt auch die Auswahl für die Wahl des Grußonkel-Kandidaten ein. Auf Anfragen folgen bereits Absagen und auf Vorschläge die üblichen Diskussionen. Bis Weihnachten vermutlich. Dann liegt die perfekte Lösung unterm Weihnachtsbaum. Und die kann eigentlich nur Martin Winterkorn lauten. Als Aufsichtsrat des FC Bayern München weiß der Mann, wie man gewinnt. Er ist überparteilich, kennt Merkel, Gabriel und Seehofer persönlich, hat zu ihnen gleichermaßen einen guten Draht und außerdem vor kurzem einen Neustart angekündigt.
Der 69-Jährige ist im besten Präsidentenalter und wäre zudem kostengünstig zu haben. Die üblichen Bezüge samt Ehrensold nach dem Ausscheiden aus dem Amt würden entfallen, da der Volkswagenkonzern für den Lebensunterhalt des ehemaligen Top Managers schon jetzt ausreichend sorgt. Winterkorn wäre deshalb ein idealer Bundespräsident, der zur marktkonformen und nicht ganz abgasfreien Politik der GroKo passt. Wer, wenn nicht er, ist in der Lage, das Steuer zu übernehmen und den Karren aus dem Dreck zu fahren? Eine überzeugende Bewerbungsrede hat Winterkorn bereits gehalten. Sie kann hier noch einmal abgerufen werden.
SEP
Über den Autor:
André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.