Die ersten Reaktionen nach der Wahl in Mecklenburg-Vorpommern zeigen ein bekanntes Muster: Die SPD hat natürlich gewonnen und sagt, die Kanzlerin mit ihrer Flüchtlingspolitik sei Schuld am Erstarken der AfD. Die CDU hat verloren und macht das, was die SPD früher auch gemacht hat. Man müsse die eigene Politik nur besser erklären, sagte etwa der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Michael Grosse-Brömer. Außerdem habe man ja schon viele Dinge im Asylrecht beschlossen, übrigens gemeinsam mit der SPD, die noch gar nicht wirken können, aber ganz sicher das Leben von Migranten in diesem Land noch schwieriger machen werden.
Die AfD ist natürlich auch ein Gewinner und gewiss erleichtert. Zum Glück nur der zweite Platz, lässt der ehemalige Radiomoderator und smarte Spitzenkandidat der Partei durchblicken. Denn zwischendurch ließen die Wahlergebnisvorankündigungen der Demoskopen ja noch mehr erwarten. Jetzt ist die AfD Oppositionsführerin, eine Rolle, die sie gern annehmen wird. Eine Rolle, in der sich übrigens auch die CSU gern sieht. Die Bayern erwecken weiterhin den Eindruck, als seien sie kein Teil der Bundesregierung, die die Flüchtlingspolitik und das Prinzip „Wir schaffen das“ mit zu verantworten haben. Und die Grünen? Ach ja, die knüpfen an ihre gewohnten ostdeutschen Tiefflüge an.
Das Signal ist ganz klar: Die neoliberale Politik wird einfach fortgesetzt. Und zwar von nun an vermutlich in einer weiteren großen Sorgenkoalition, die sich vordergründig noch mehr um das Flüchtlingsthema kümmern will. Andere Dinge wie die absurde Sparpolitik und die zunehmende soziale Spaltung werden da eher zurücktreten müssen. Dabei gilt ab 1. Januar 2019 die Schuldenbremse in MeckPomm. Über deren Auswirkungen jetzt und in Zukunft hört man aber mangels Interesses wenig, obwohl diese schlimme Verfassungsregelung eine sehr viel größere Bedrohung für das Leben der Menschen bedeutet, als die gescheiterte Flüchtlingspolitik.
Doch bei Schuldenbremse und Sparkurs im Geiste der schwäbischen Hausfrau herrscht ja landauf landab auch große Einigkeit zwischen den Parteien, die zurzeit einen inszenierten Streit um die richtige wie falsche Flüchtlingspolitik aufführen und den Menschen immer weiter einreden, dass nun gerade dies das alles bestimmende Thema zu sein hat, auch wenn es, wie im Bundesland MeckPomm kaum Flüchtlinge, dafür aber einen Sack voll anderer Probleme gibt. So lautet die versteckte Botschaft des Abends: Die GroKo macht mit Blick auf die wirklich wichtigen Sachfragen und neuerdings mit der AfD im Schlepptau einfach weiter wie bisher.
SEP
Über den Autor:
André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.