Die Bundesbank spricht sich für die Rente mit 69 aus, ja fordert sie sogar, weil der gesetzlichen Rentenversicherung langfristig weitere finanzielle Schwierigkeiten drohen. Der Aufschrei ist groß. Die Reaktionen reichen von Unterstützung bis Ablehnung. Die Argumente sind hüben wie drüben bekannt. Nur erklärt keiner, warum ausgerechnet die Bundesbank sich zur Rente äußert. Gehört das zu ihrem Aufgabenbereich? Die Antwort ist ganz einfach: Dank der Äußerung des Merkel-Intimus Jens Weidmann kann die Regierung die bereits durchgesetzte, aber ebenso realitätsferne Rente mit 67 weiter bekräftigen.
Der Sprecher der Bundesregierung, Steffen Seibert, wies die Forderung der Bundesbank daher auch umgehend zurück. „Die Bundesregierung steht zur Rente mit 67“, sagte er, um im gleichen Atemzug deren angebliche Sinnhaftigkeit noch einmal zu betonen. Mit ihrem Spiel über Bande lenken Bundesbank und Bundesregierung von den Problemen auf dem Arbeitsmarkt ab. Dort sieht es aber schon für Menschen unter 60 Jahren sehr trostlos aus.
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Die Zahl der Erwerbslosen, die das 58. Lebensjahr vollendet haben und denen seitens des zuständigen Jobcenters seit mindestens 12 Monaten kein Angebot zu einer sozialversicherungspflichtigen Arbeitsstelle gemacht wurde, ist in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen. Zählten zu dieser Gruppe im Jahre 2011 noch 106.500 Personen, waren es 2015 bereits 162.754 (+56.254 oder 53%).
Auch die Zahl der mindestens 58 Jahre alten Leistungsbeziehenden im SGB II-Bereich, die als arbeitslos gezählt wurden, stieg von 117.554 auf 166.766 (+49.212 oder 42%).
Gleichzeitig ging die Zahl der ü58 Erwerbslosen, die an aktivierenden Maßnahmen teilnehmen oder einen Ein-Euro-Job verrichten von 357.359 auf 310.999 zurück (-46.360 oder 17%), während die Zahl der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten im Alter ü58 in den Jahren 2011 bis 2015 nahezu gleich blieb und 2015 mit 477.766 Personen nur um 2.853 zunahm.
Dies geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine schriftliche Frage der arbeitsmarktpolitischen Sprecherin Fraktion DIE LINKE. im Bundestag, Sabine Zimmermann, hervor.
Dazu erklärt Sabine Zimmermann, stellvertretende Fraktionsvorsitzende: “Unter den älteren Erwerbslosen steigt die Zahl derer, die von den Jobcentern keinerlei Angebote mehr erhalten – weder an Stellen noch an Weiterbildungs- oder Qualifizierungsmaßnahmen. Rund die Hälfte dieser Menschen erscheinen nicht mehr in der Arbeitslosenstatistik.
Aber die Zahlen zeigen, dass es älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt schwer haben, eine neue Stelle zu finden. Der demografische Wandel führt eben nicht dazu, dass verstärkt auf ältere, erfahrene Fachkräfte zurückgegriffen wird.“
Zimmermann weiter: „Gerade auch in die Betreuung und Vermittlung älterer Erwerbsloser muss die Arbeitsagentur investieren. Einer der wesentlichen Gründe für Altersarmut ist langjährige Erwerbslosigkeit direkt vor Erreichen des Renteneintrittsalters. Vor dem Hintergrund der Schwierigkeiten, die Ältere am Arbeitsmarkt haben, verbietet sich jede Diskussion um eine Erhöhung des Renteneintrittsalters.”
AUG
Über den Autor:
André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.