Die Diskussion darüber, wer neuer Bundespräsident/in wird, ist bereits in vollem Gange, so wie es sich für die Würde des Amtes gehört. Eine Frau müsse es nun sein, sagen die einen, nein nicht unbedingt, sondern eine Person, die das Soziale mehr betone, sagen die andern.
Auch wird darüber spekuliert, welches Lager sich am Ende durchsetzen könnte. Wird es die CDU mit einem eigenen Kandidaten schaffen oder wird sie mit den Grünen ein bedeutungsschwangeres Signal aussenden wollen? Gelingt es umgekehrt der SPD mit Grünen, Linken, Piraten und SSW ein Coup zu landen?
All diese Gedankenspiele könnte man sich sparen, wenn man endlich begriffe, dass der Bundespräsident nicht mehr als ein Grußonkel oder Tante ist.
Das deutsche Staatsoberhaupt wird nicht vom Volk gewählt. Das hat einen Grund. Das Amt sollte nach der Weimarer Erfahrung keine Machtbasis mehr bieten, sondern lediglich mit repräsentativen Aufgaben versehen sein. Auch ein unbequemer Präsident, wie der aktuelle Amtsinhaber immer wieder lobend bezeichnet wird, ist laut Verfassung nicht vorgesehen. Vielmehr verkörpert der Bundespräsident die Einheit des Staates, wie das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2014 noch einmal betont hat. Allenfalls eine politische Reservefunktion kommt dem Staatsoberhaupt bei der Auflösung des Bundestages nach Artikel 68 GG (gescheiterte Vertrauensfrage) zu. Mehr nicht.
Man könnte also hergehen und fragen, wer kann am besten die Einheit des Staates nach innen wie nach außen vertreten und den Grußonkel oder die Tante mimen. Ein professioneller Schauspieler/in wäre da nicht schlecht und sicherlich auch schnell für die Gage gefunden. Stattdessen gibt es aber Laiendarsteller am laufenden Band, die wie zuletzt ihre Zeit im Amt dafür nutzen, den Job erst einmal zu üben. Darüber hinaus wird die Kandidatenfrage permanent mit einer politischen Aussage verknüpft oder aber dazu missbraucht, dem politischen Gegner ein Ärgernis zu bereiten.
So war es auch bei Gauck, der erst im zweiten Anlauf ungewaschen ins Amt geschachert wurde. Er war übrigens ursprünglich keine Erfindung der SPD, wie die Genossen immer wieder behaupten, sondern eine Idee von Springers Welt, worüber die NachDenkSeiten schon frühzeitig berichteten. Die SPD war nur blöd genug, den Vorschlag zweimal zu übernehmen, in der Hoffnung, Angela Merkel damit großen Kummer bereiten zu können. Doch wie sich am Ende herausstellen sollte, hatte nicht die Kanzlerin ihre Probleme mit Gauck, sondern vor allem SPD und Grüne, die sich das ein oder andere Mal verwundert über Aussagen ihres „Wunschkandidaten“ zeigen mussten.
Dumm gelaufen, könnte man da sagen. Und zwar gleich doppelt. Denn auch perspektivisch war Joachim Gauck ein Reinfall. Da hätten sich alle Beteiligten wohl besser auf einen jüngeren Personalvorschlag verständigen sollen, der nicht nur eine, sondern gleich zwei glanzvolle Amtszeiten durchhält und vor allem der SPD eine weitere Kandidatenfrage erspart. Die haben ja bekanntlich schon Mühe damit, jemanden zu finden, der die Führungsrolle im anstehenden Bundestagswahlkampf übernimmt.
Und weil das so ist, aber auch der Stallgeruch aller gegenteiligen Bekundungen zum Trotz doch immer wieder Einstellungsvoraussetzung für das höchste Staatsamt ist, sollte das Amt des Bundespräsidenten einfach unbesetzt bleiben. Stattdessen könnte der Präsident des Bundesrates die Aufgaben als Stellvertreter des Staatsoberhauptes übernehmen, wie nach den Rücktritten von Köhler und Wulff geschehen. Da ist jedes Jahr ein neues Alphatierchen dran, das dann auch ganz offen seinem Parteibuch entsprechend sagen kann:
„Die Antikapitalismusdebatte ist unsäglich albern“.
„Die deutsche Neigung zu Hysterie und Angst ist abscheulich.“
„Dass es wieder deutsche Gefallene gibt, ist für unsere glücksichtige Gesellschaft schwer zu ertragen“
„Eine funktionierende Demokratie erfordert auch Einsatz, Aufmerksamkeit, Mut und manchmal auch das Äußerste, was ein Mensch geben kann: das Leben, das eigene Leben“
„Ich finde es töricht und geschichtsvergessen, wenn der Protest gegen Sozialreformen unter dem Titel Montagsdemonstration stattfindet.“
„Ich finde den Einsatz nicht gut, aber erträglich und gerechtfertigt.“ (zum Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr)
„Und in diesem Kampf für Menschenrechte oder für das Überleben unschuldiger Menschen ist es manchmal erforderlich, auch zu den Waffen zu greifen.“
Quelle: Jens Berger auf den NachDenkSeiten
JUN
Über den Autor:
André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.