Die Putzfrau Susi, die dem SPD-Chef Sigmar Gabriel Paroli bietet, hat ein wenig für Erheiterung gesorgt. „Warum bleibt ihr dann bei den Schwatten“, fragte sie den Vizekanzler, als der sich dafür entschuldigte, dass mit dem Koalitionspartner eben nicht mehr zu machen sei. Damit endet der Ausschnitt.
Interessant ist aber die Erklärung, die Gabriel den lachenden Zuhörern der Wertekonferenz nach Susis Punktgewinn präsentiert.
Er sagt:
„Die, die jetzt frenetisch klatschen, die vergessen, dass wenn wir es nicht gemacht hätten, es keinen Mindestlohn gebe, es keine Rente nach 45 Versicherungsjahren gebe… […] Wenn wir raus gehen aus der Koalition, dann machen wir ja auch alles das nicht. Wie wird es dann denn eigentlich besser?“
Indem man die linke Mehrheit im Bundestag nutzt, hätte jemand in die peinliche Stille rufen sollen. Tat aber keiner, auch Putzfrau Susi nicht! Stattdessen durfte Gabriel behaupten, dass die SPD die Union zwinge, sozialdemokratische Politik umzusetzen. So als ob es keinen anderen Weg geben würde.
„Was soll ich jetzt machen? Raus gehen und alles so beschissen lassen, in der Hoffnung, wenn es ordentlich schlecht ist, wählen sie hinterher SPD?“
Was für ein Dilemma. Da fragt der SPD-Parteichef die Putzfrau, was er machen soll angesichts der offenbar unsausweichlichen Bestimmung, Juniorpartner der Schwatten sein zu müssen. Das Signal an die Sozialdemokraten im Land, die den Wählern SPD-Positionen erklären müssen, ist fatal. Da geht es jetzt nicht mehr darum, eine Wahl zu gewinnen, sondern darum, den Platz an der Seite der Schwatten nicht zu verlieren. Wer zwingt da eigentlich wen, fragt wiederum keiner.
Heiner Flassbeck schreibt heute treffend in seinem Blog:
Dass ein politisches Klima entstanden ist, in dem Faymann zurücktritt und in dem Gabriel fast täglich mit irgendwelchen Gerüchten und Geschichten beschädigt wird, haben sich die Sozialdemokraten selbst zuzuschreiben. Wer jeden neoliberalen Irrsinn mitmacht, muss sich nicht wundern, dass er von vorneherein nicht mehr ernst genommen wird. Wer, wie die deutschen Sozialdemokraten, jeden ernsthaften Konflikt mit dem Koalitionspartner scheut wie der Teufel das Weihwasser, sollte nicht erstaunt sein, dass die Wähler in Scharen weglaufen. Die Menschen merken sehr wohl, dass vieles schief geht, sie merken aber auch täglich, dass die Sozialdemokratie nicht die Partei ist und auch nicht sein will, die Probleme ernsthaft und mutig angeht.
Die als alternativlos verkaufte Anbiederung an die Schwatten ist das Problem. Doch der SPD-Chef versteckt sich dahinter und stellt es auch noch so dar, als könne er gar nichts anderes machen, weil es dann noch beschissener für die Menschen im Lande würde. Vor zwei Jahren sagte er: „Die Linkspartei vertritt Positionen, die Deutschland in die außenpolitische und übrigens auch wirtschaftliche Isolation führen.“ Dies tat er, um deutlich zu machen, dass eine vom Wähler bestellte Mehrheit links von den Schwatten keine Chance hat. Wo ist Deutschland unter Merkel/Gabriel nun eigentlich gelandet? In der außenpolitischen wie wirtschaftlichen Isolation.
Merkels Flüchtlingspolitik stößt in Europa auf Ablehnung. Darüber kann auch der menschenverachtende Deal mit der Türkei nicht hinwegtäuschen. Die wirtschaftliche Isolation, das weiß Gabriel selber, hat er sich von den Schwatten ebenfalls aufzwingen lassen. Austerität und Schwarze Null. So lautet das nachweislich untaugliche Konzept für die Ewigkeit. Wie Flassbeck richtig schreibt, haben sich die Sozialdemokraten beim Thema Schulden von den Konservativen bereitwillig hinters Licht führen lassen. Wo passt denn zwischen Schwarzer Null und Schuldenbremse da eigentlich noch die Gerechtigkeit hin, die Gabriel nun als Wahlkampfschlager auflegen will? Denn als Wirtschaftsminister wird er ja weiter das Lied vom Wettbewerb singen.
Insofern wird auch die Wertekonferenz nichts bringen. Sie taugt nicht einmal als Balsam für die geschundene Seele der Sozialdemokratie. Es bleiben nur Susi, Siggi und die Schwatten. Eine SPD, die ihrem Namen gerecht wird, sucht man hier weiterhin vergebens.
MAI
Über den Autor:
André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.