Kopierwochen

Geschrieben von: am 30. Apr 2016 um 16:46

Bildschirmfoto 2016-04-29 um 06.48.35Derzeit scheint ein regelrechter Wettlauf im Gange zu sein. Die „Alt-Parteien“ überboten sich vor dem AfD-Parteitag an diesem Wochenende förmlich darin, Positionen der Neuen Rechten zu übernehmen, in der Hoffnung, Stimmenanteile bei kommenden Wahlen hinzu gewinnen zu können. Die Rechnung wird nicht aufgehen. 

In dieser Woche machte zunächst Andrea Nahles den Auftakt mit ihrem Vorschlag, den Migranten aus der EU fünf Jahre lang Sozialleistungen ­zu verwehren. Das hat sich die Arbeits- und Sozialministerin aus den Reihen der SPD natürlich nicht selbst ausgedacht, sondern mindestens bei David Cameron abgeguckt oder aus dem AfD-Programm übernommen, über das zurzeit in Stuttgart verhandelt wird.

Die Kritik von Opposition und Verbänden weist Nahles mit der Begründung zurück, dass die Regelung ja nicht viele Menschen betreffen würde. Es gebe ja keinen Massenansturm, wird Nahles zitiert. Das klang in der Vorbereitung aber ganz anders. Nach der Entscheidung des Bundessozialgerichts zu den Sozialleistungen für Migranten aus EU-Staaten meinte die Arbeitsministerin im Dezember noch, dass man die Zuwanderung in die sozialen Sicherungssysteme aus Selbstschutz unterbinden müsse.

Mit Selbstschutz meint sie natürlich die Umfragewerte der SPD, die sich aber durch bloßes Abschreiben rechter Positionen kaum verbessern dürften. Die Sozialdemokraten irren immer noch verschreckt umher, kündigen was an und kassieren es genauso schnell wieder ein. So überlässt der Parteivorsitzende Gabriel seiner Sozialministerin jetzt das Renten-Thema, obwohl er zuletzt noch ausrief, die Altersvorsorge zum zentralen Wahlkampfschlager machen zu wollen. Nun will Gabriel lieber „den Ball flach halten“, offenbar weil die Kanzlerin keine Lust auf die Debatte hat.

Die gleiche Strategie ist auch auf Seiten der Union zu beobachten. Erst prescht CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer mit der Forderung nach vorn, Imame sollen in Moscheen auf Deutsch predigen, schon meldet sich der Fraktionschef von CDU/CSU und Sprachexperte, Volker Kauder, zu Wort. Er weist die Forderung Scheuers zurück, verbindet das aber mit dem Vorschlag einer staatlichen Kontrolle von Predigten in Moscheen. Diese seien teilweise mit dem „deutschen Staatsverständnis“ unvereinbar.

Nur wer soll da kontrollieren? Die Andreas Scheuer-Polizei? Bei uns gilt ja das Grundgesetz, betont Kauder, wenn er an mutmaßlich respektlose Jungen aus dem muslimischen Kulturkreis denkt. Deren Verhalten müsse thematisiert werden, findet der CDU Politiker. Nur was ist eigentlich mit den Gesetzen der Großen Koalition, über die das Bundesverfassungsgericht sagt, sie stünden zuweilen im Widerspruch zum Grundgesetz? Müsste man da nicht eher die Haltung des Bundesinnenministers besprechen, wenn der meint, dass das Gericht dem Gesetzgeber nicht ständig in den Arm fallen solle?

Wäre es also nicht zwingender, Thomas de Maizère unter Beobachtung zu stellen, statt eine Kontrolle von Predigten in Moscheen zu fordern? Wäre es nicht plausibler, sich als Fraktionschef der Union oder als einer der anderen Bundestagsabgeordneten, die Gesetze beschließen, von einer Regierung zu distanzieren, die in respektloser Weise immer wieder die Regeln der Verfassung bricht und dennoch so tut, als wäre sie im Recht? Wäre es nicht viel ehrlicher, zuzugeben, politisch versagt und die Wähler in die Arme der Rechtspopulisten getrieben zu haben, statt so zu tun, als wäre man noch Volkspartei?

Nein, das machen die „Alt-Parteien“ natürlich nicht, von denen die noch älter aussehenden Herrschaften der AfD meinen, sie seien links-rot-grün versifft. In Wahrheit stehen sie alle ziemlich weit rechts. Einer der AfD Vorsitzenden, Jörg Meuthen, meinte: „Wir sind doch keine CDU-Duracell-Klatschhäschen“. Von da an gab es copy & paste Applaus nach jedem Halbsatz. Dabei ist eigentlich bekannt, dass der Duracell-Hase nie geklatscht, sondern immer nur getrommelt hat und in Wirklichkeit nicht länger hielt als Hasen mit anderen Batterien.

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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