Einen Tag nach der Kommunalwahl in Hessen hat das Statistische Landesamt eine erste Pressemitteilung veröffentlicht. Demnach stieg die Wahlbeteiligung geringfügig auf immer noch desaströse 48 Prozent. Eine Diskussion über Gewinner und Verlierer verbietet sich damit und ein politisches Mandat für irgendwas lässt sich nur schwerlich erkennen.
Nach der Auszählung der unveränderten, nur mit einem Listenkreuz versehenen Stimmzettel (Trendergebnis) ergibt sich folgende Stimmenverteilung: CDU 28,2 Prozent, SPD 28,0 Prozent, GRÜNE 11,6 Prozent und FDP 6,3 Prozent. DIE LINKE und Wählergruppen DIE LINKE erhielten zusammen 4,7 Prozent und FREIE WÄHLER 5,3 Prozent. Die AfD kam aus dem Stand auf 13,2 Prozent.
Von den 2 274 209 Wählerinnen und Wählern vergaben 1 365 388 bzw. 60,0 Prozent ein Listenkreuz ohne Änderung (2011: 59,8 Prozent) und 819 007 (36 Prozent) haben kumuliert, panaschiert bzw. Streichungen vorgenommen. 89 814 oder 3,9 Prozent der abgegebenen Stimmzettel waren ungültig.
So eine Kommunalwahl ist ja immer leicht verwirrend für den Beobachter, weil einfach sehr viel mehr gewählt wird, als beispielsweise bei einer Landtags- oder Bundestagswahl mit geschlossenen Listen. Bei der Kommunalwahl bestimmen die Wählerinnen und Wähler über die Zusammensetzung von politischen Vertretungen in ihren Ortschaften, Städten und Landkreisen. Im Fall Hessen lauten die Bezeichnungen Ortsbeirat, Stadtverordnetenversammlung und Kreistag.
Das hier gültige Mehrstimmenwahlsystem erlaubt viele Kreuzchen, die auf den Wahlzetteln verteilt (panaschieren) oder gebündelt (kumulieren) werden können. Das macht die Auszählung hinterher langwierig und eine Analyse schwierig. Dem aktuell durch die Medien verbreiteten Trendergebnis liegen bislang nur ein Teil der Stimmen (60 Prozent) zugrunde. Diese Wählerinnen und Wähler haben jeweils für eine Liste gestimmt.
Wenn da nun steht, die AfD kam landesweit auf über 13 Prozent, heißt das nicht, dass die Partei nun überall Mitglieder in den Rathäusern sitzen hat. Sie trat ja nur in 18 von insgesamt 426 Kommunen an, dafür aber in fast allen Landkreisen und kreisfreien Städten (nicht im Werra-Meißner-Kreis), woraus sich das Trendergebnis auch ableitet. Gleichwohl hat die AfD ihr Wahlziel, möglichst viele Nichtwähler zum Urnengang zu bewegen, eindeutig verfehlt.
Die AfD wird also in den Kreistagen vertreten sein und dort Oppositionsarbeit verrichten wollen, wie Vorstandssprecher Peter Münch am Wahlabend ankündigte. Doch auch diese Rolle hat etwas mit kommunalen Themen zu tun, wie dem ständigen Kampf um finanzielle Zuwendungen vom Land. Die Partei bündelt aber nur die allgemeine Empörung über die bundesweite Flüchtlingspolitik, was der AfD-Vorstandssprecher auch zugab.
In den kommunalen Vertretungen kommt die Partei damit aber nicht sehr weit. Denn er und seine Kollegen müssen konkret dafür sorgen, dass sich zum Beispiel etwas an der angespannten Lage auf dem Wohnungsmarkt ändert und bezahlbarer Wohnraum für Flüchtlinge wie auch für einkommensschwache Haushalte geschaffen wird. Zur Realpolitik gehört dann auch, sich um die Betreuung und Integration von Migranten zu kümmern, die das Land den Kommunen zuteilt.
Denn die Maßnahmen zur Integration vor Ort, von der Unterbringung bis zur erfolgreichen Vermittlung ins Bildungswesen und in den Arbeitsmarkt, kosten Geld. Daher ist eine zentrale Forderung aller Kommunen, nicht nur in Hessen, die Finanzierung der Flüchtlingsarbeit durch die Länder und den Bund deutlich zu erhöhen. Teilt die AfD diese Forderung oder will sie im Kreistag Bergstraße stattdessen lieber Grenzschließungen fordern, zur Lage der Nation reden und Strafanzeigen gegen Angela Merkel formulieren?
Informationen zu den drei Landtagswahlen am 13. März gibt es hier
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Über den Autor:
André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.