Es ist eine BUK Rakete sowjetischer Bauart gewesen, die den Flug MH17 am 17. Juli 2014 über der Ostukraine zum Absturz brachte. Allerdings bleibt weiter unklar, wer geschossen hat und warum. Diese Frage wird vermutlich noch sehr lange Gegenstand von Untersuchungen einer Joint Commission sein, die sich mit der Schuldfrage befasst. Im Statement des Vorsitzenden des niederländischen Sicherheitsrates (Dutch Safety Board), Tjibbe Joustra, war aber neben der Klärung des Waffensystems noch eine weitere Feststellung wichtig. Die Ukraine hätte den Luftraum sperren müssen.
Nach Auffassung des Dutch Safety Board bestand ein erkanntes Risiko für die zivile Luftfahrt. In den Monaten zuvor waren mindestens 16 Flugzeuge und Hubschrauber durch die Separatisten abgeschossen worden. Wenige Tage vor dem 17. Juli informierte die Ukraine auch die Botschafter anderer Staaten – darunter Deutschland – über Truppenbewegungen und neues Kriegsgerät im Krisengebiet. Dieses hätte auch zum Abschuss von Flugzeugen eingesetzt werden können.
Warnungen der zuständigen Minister gab es nicht, der Luftraum blieb offen. Laut Aussage der ukrainischen Behörden habe es für eine Sperrung keinen hinreichenden Anlass gegeben. Das Dutch Safety Board sieht es nun genau anders herum und kommt zu dem Ergebnis, dass das Risiko für die zivile Luftfahrt nicht angemessen bewertet wurde, weder von der ukrainischen Regierung noch von den Fluggesellschaften, noch von den Regierungen anderer Staaten. Als Vorsichtsmaßnahme hätte der Luftraum aus Sicht der Ermittler aber geschlossen werden müssen.
Das heißt: Eine Mitschuld an dem Unglück/Verbrechen tragen auch die Regierungen, die die Hinweise ignorierten. So stellt sich auch weiterhin die spannende Frage, warum Außenminister Steinmeier die Lageeinschätzung aus Kiew nicht als Anlass für eine Warnung nutzte. Hätte Deutschland als ein Land von vielen bei der befreundeten Regierung in Kiew vielleicht darauf hinwirken können oder müssen, den Luftraum über der Ostukraine zu schließen?
Am Tag des Abschusses flogen 160 zivile Maschinen über das umkämpfte Gebiet, sagt der Bericht der Niederländer. Zwischen dem 14. und 17. Juli 2014 waren es insgesamt 61 Fluggesellschaften aus 32 Ländern, die entsprechende Routen wählten. Sie waren alle in Gefahr, weil offenbar niemand die Hinweise so ernst nahm, wie die eigene Propagandaberichterstattung.
Den vollständigen Bericht des Dutch Safety Boards gibt es hier zum Download. Außerdem hat die Untersuchungsbehörde auf der Seite auch ein Video mit Animationen und Erläuterungen online gestellt.
OKT
Über den Autor:
André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.