Ukraine hätte Luftraum sperren müssen

Geschrieben von: am 13. Okt 2015 um 18:35

Es ist eine BUK Rakete sowjetischer Bauart gewesen, die den Flug MH17 am 17. Juli 2014 über der Ostukraine zum Absturz brachte. Allerdings bleibt weiter unklar, wer geschossen hat und warum. Diese Frage wird vermutlich noch sehr lange Gegenstand von Untersuchungen einer Joint Commission sein, die sich mit der Schuldfrage befasst. Im Statement des Vorsitzenden des niederländischen Sicherheitsrates (Dutch Safety Board), Tjibbe Joustra, war aber neben der Klärung des Waffensystems noch eine weitere Feststellung wichtig. Die Ukraine hätte den Luftraum sperren müssen.

Nach Auffassung des Dutch Safety Board bestand ein erkanntes Risiko für die zivile Luftfahrt. In den Monaten zuvor waren mindestens 16 Flugzeuge und Hubschrauber durch die Separatisten abgeschossen worden. Wenige Tage vor dem 17. Juli informierte die Ukraine auch die Botschafter anderer Staaten – darunter Deutschland – über Truppenbewegungen und neues Kriegsgerät im Krisengebiet. Dieses hätte auch zum Abschuss von Flugzeugen eingesetzt werden können.

Warnungen der zuständigen Minister gab es nicht, der Luftraum blieb offen. Laut Aussage der ukrainischen Behörden habe es für eine Sperrung keinen hinreichenden Anlass gegeben. Das Dutch Safety Board sieht es nun genau anders herum und kommt zu dem Ergebnis, dass das Risiko für die zivile Luftfahrt nicht angemessen bewertet wurde, weder von der ukrainischen Regierung noch von den Fluggesellschaften, noch von den Regierungen anderer Staaten. Als Vorsichtsmaßnahme hätte der Luftraum aus Sicht der Ermittler aber geschlossen werden müssen.

Das heißt: Eine Mitschuld an dem Unglück/Verbrechen tragen auch die Regierungen, die die Hinweise ignorierten. So stellt sich auch weiterhin die spannende Frage, warum Außenminister Steinmeier die Lageeinschätzung aus Kiew nicht als Anlass für eine Warnung nutzte. Hätte Deutschland als ein Land von vielen bei der befreundeten Regierung in Kiew vielleicht darauf hinwirken können oder müssen, den Luftraum über der Ostukraine zu schließen?

Am Tag des Abschusses flogen 160 zivile Maschinen über das umkämpfte Gebiet, sagt der Bericht der Niederländer. Zwischen dem 14. und 17. Juli 2014 waren es insgesamt 61 Fluggesellschaften aus 32 Ländern, die entsprechende Routen wählten. Sie waren alle in Gefahr, weil offenbar niemand die Hinweise so ernst nahm, wie die eigene Propagandaberichterstattung.

Den vollständigen Bericht des Dutch Safety Boards gibt es hier zum Download. Außerdem hat die Untersuchungsbehörde auf der Seite auch ein Video mit Animationen und Erläuterungen online gestellt.

 

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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Kommentare

  1. J.Rother  Oktober 13, 2015

    Sehr geehrter Herr Tautenhahn, darf ich Sie auf mehrere Ungenauigkeiten aufmerksam machen:
    1. Sie schreiben von Schuldfrage (1.Absatz). Dies ist zwar im allgemeinen Sprachgebrauch üblich – allerdings verfälschend. Es geht hier eher um Verantwortung oder noch genauer – wer hat dies veranlasst und dann letztlich organisiert. Auch Ihnen sollte klar sein, dass die „Organisationsstruktur“ in der Ukraine „etwas“ anders war und ist als in der BRD (als Synonym einer „normalen“ staatlichen Struktur) Es gibt sehr wohl eine Regierung – aber welche Rolle spielen die „Provinzfürsten“ ? es gibt dort auch ein anderes Wort dafür.
    2. Sie schreiben davon, zuvor seien mind. 16 andere Flugzeuge u. Hubschrauber abgeschossen worden. Könnte es sein, dass Sie dabei vergessen haben zu erwähnen, dass diese Militärmaschienen waren und sich in anderen Flughöhen bewegt haben ? Vor allem WO wurden diese abgeschossen und mit welchem Gerät ? Warum erwähnen Sie nicht, dass nach allem was ich mir bisher angelesen habe, die ukrainische „Flugsicherung“ ihre Protokolle scheinbar nicht veröffentlichen möchte ? Wie wäre es, mal einen Fachmenschen zu befragen ? Ich könnte Ihnen da einen öffentlich zugänglichen Tip geben: versuchen Sie es doch mal mit Peter Haisenko (anderweltonline.com) Er war meines wissens letztens sogar zu einem gemiensamen Gespräch mit Fachleuten in Holland. Könnte es sein, sie versuchen hier (ev. unwissentlich) „Äpfel mit Birnen“ zu vergleichen?

    mit besten Grüßen J.Rother, Witzenhausen

    • André Tautenhahn  Oktober 14, 2015

      Zu 1) das ist mir in diesem Fall egal. Ob sie nun an Schuld oder Verantwortung denken, bleibt Ihnen überlassen. Wer geschossen hat und warum, muss noch geklärt werden, das schreibe ich doch. Ich stelle darüber keine Vermutungen an.
      Ich beziehe mich ausschließlich auf den Bericht des Dutch Safety Board, der einerseits die Abschussursache zu klären versucht und andererseits auch sehr deutlich eine Mitschuld/Mitverantwortung von Regierungen und Fluggesellschaften benennt, die ein aus Sicht der Ermittler bestehendes Risiko für zivile Flugzeuge ignoriert haben.

      Zu 2) Die Anmerkung finde ich etwas komisch. Es ist klar, dass die Separatisten keine 16 Zivilmaschinen abgeschossen haben. Davon hätten wir alle etwas mitbekommen. Selbstverständlich geht es um Militärmaschinen in unterschiedlichen Flughöhen. Das Wissen setze ich einfach mal voraus. Ich kenne die Artikel von Peter Haisenko und halte ihn nicht für einen Experten.