Ein absoluter Tiefpunkt: Was gestern im ARD Bericht aus Berlin gezeigt worden ist, war richtig schlecht. Moderator Rainald Becker sorgt sich mal wieder um deutsche Werte, die er offenbar durch Flüchtlinge bedroht sieht. Einen Bericht von Michael Stempfle (SWR) leitet Becker mit den Worten ein, wie wir wohl darauf reagieren, wenn Flüchtlinge Probleme haben mit der Gleichstellung, mit Frauenrechten und mit der Presse- und Meinungsfreiheit. Auf diese Fragen gebe es noch keine Antworten, was zum Schüren von Ängsten führe. Und Becker schürte gleich mal mit. Denn im Hintergrund war eine Bildmontage zu sehen mit Minarretten im Berliner Regierungsviertel und einer Kanzlerin im Tschador.
Der Bericht selbst brachte kaum Erkenntnisse, sondern stocherte mit Sätzen wie „nicht nur die Überbelegung und die Enge in den Unterkünften seien das Problem, sondern auch religiöse Spannungen zwischen Schiiten und Sunniten“ in der eigenen Ideologie herum. Bayerns Ministerpräsident durfte dann noch von der drohenden Gefahr Ghettobildung und Parallelgesellschaften schwadronieren. Am Ende blieb die Frage offen, wie wir alle vor einem Verlust unserer Werte geschützt werden könnten. Dabei wäre die Frage nach dem Grundrechtsverständnis so mancher Politiker und Journalisten viel spannender gewesen.
Wie hat denn Markus Söder das eigentlich gemeint mit einer Änderung des Grundrechts auf Asyl? Sind Grundrechte plötzlich doch veräußerlich, obwohl auch bayerische Schüler das anders in der Schule gelernt bekommen? Und wie hat Rainald Becker das eigentlich mit der Vorratsdatenspeicherung gemeint, deren Einführung er seit Jahren in Kommentaren immer wieder fordert, obwohl damit Verstöße gegen Grundrechte verbunden sind?
Würde es vielleicht helfen, Rainald Becker eine Ausgabe des Grundgesetzes auf Deutsch, Arabisch oder Idiotisch zu überreichen? Geht es nun eigentlich um Rechte, um irgendwelche Bierzeltwerte oder um Meinungen? Es wird im Bericht aus Berlin nicht ganz klar. Nur eines ist gewiss. Dem „besorgt“ auftretenden Moderator Rainald Becker dürfte der Applaus von CSU, AfD und NPD sicher sein.
OKT
Über den Autor:
André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.