Via Facebook hat die ARD auf die Kritik an der Sendung Bericht aus Berlin vom 04.10.2015 reagiert:
Wir freuen uns über die zahlreiche Kritik an unserer Grafik im gestrigen Bericht aus Berlin und bedauern sehr, dass einige mit unserer Darstellung der Bundeskanzlerin nicht einverstanden waren oder sie gar missverstanden haben.
Die Grafik stand in direktem Zusammenhang mit der Moderation von Rainald Becker zu einem Bericht, in dem es um die Werte unserer Gesellschaft ging. Er sprach von den Errungenschaften unserer westlichen Gesellschaft: Meinungsfreiheit, Pressefreiheit und Gleichstellung. Diese Freiheiten spiegeln sich in Form dieser Grafik wider. Natürlich war es auch das Ziel, mit dieser Grafik Aufmerksamkeit zu schaffen und zu polarisieren. Wir halten jedoch auf Grund unseres journalistischen Selbstverständnisses diese zugespitze Darstellungsform für legitim. Jegliche Unterstellung, wir würden islamfeindliche Propaganda betreiben, weisen wir entschieden zurück.
Fehler einzugestehen oder auch nur das Offensichtliche zu sehen, fällt den Beteiligten in der Berliner Hauptstadtredaktion halt schwer. Wenigstens ist jetzt klar, dass es in dem Bericht/Sendung nur um Werte ging und nicht um Grundrechte. Ersteres ist beliebiger Firlefanz, letzteres hingegen unveräußerlich. Die ARD irrt übrigens: Meinungsfreiheit, Pressefreiheit und Gleichberechtigung sind keine Werte, sondern verbriefte Grundrechte. Journalisten, vor allem im ÖR, der einen Bildungsauftrag hat, sollten endlich damit aufhören irgendeinen Wertemist immer mit Grundrechten zu vermischen oder zu verwechseln. Sie sollten auch die Politiker daran erinnern, die permanent von Werten schwafeln, aber mit ihrer Gesetzgebung ebenso häufig Grundrechte brechen.
Übrigens steht in den Allgemeinen Qualitätskriterien der ARD-Leitlinien nichts von Polarisieren und Aufmerksamkeit schaffen, sondern so etwas wie Informationsvielfalt (im Sinne von Informationsbreite und Informationstiefe), Objektivität und Unabhängigkeit, Professionalität, Journalistische Eigenleistung, Richtigkeit und Transparenz, Vollständigkeit und Verständlichkeit, aber auch etwas von einer Sensibilisierung für die Anliegen von Minderheiten (Integration). Ich habe nichts gegen Polarisierung und Aufmerksamkeit schaffen, um das klarzustellen, aber billige Hetze bleibt nun mal billige Hetze. Nur weil ARD drauf steht, ist nicht automatisch Qualität drin. Das sollten sich angehende Chefredakteure hinter ihre Ohren schreiben.
Siehe auch den Beitrag „Weiterer Tiefpunkt in der ARD„.
OKT
Über den Autor:
André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.