Johannes B. Kerner macht das, was er am besten kann. Kübelweise Emotion über die TV-Zuschauer ausgießen. Am Donnerstag sendete das ZDF eine Spendengala für Flüchtlinge. Ihr Arbeitstitel lautete: „Die Menschen auf der Flucht: Deutschland hilft!“. Eigentlich hätte es aber heißen müssen: „Prominente wollen ins Fernsehen: Kerner hilft!“
Kerners Geschäft ist die Emotion. Das macht er bei den öffentlichen Rechtlichen genauso wie vorher bei den Privaten. Im Jahr 2010 saß JBK, wie die Medienbranche den Moderator gerne nennt, mit dem damaligen und längst schon vergessenen Verteidigungsminister Theodor von und zu Guttenberg für Sat.1 in Masar-i-Scharif und plauderte ein wenig über die Notwendigkeit, in Afghanistan Krieg zu führen.
Ganz simpel und zum Gefallen des damaligen Superstars der deutschen Politik erklärte Kerner dem deutschen Fernsehvolk die Wichtigkeit des Bundeswehreinsatzes. Natürlich ohne weiter in die Tiefe zu gehen. Dass damals über 70 Prozent der Deutschen den Afghanistan Einsatz ablehnten, sah Kerner als Herausforderung an und gefiel sich als Stichwortgeber für den Minister.
Guttenberg ist inzwischen Geschichte, JBK macht weiter und heuchelt diesmal Betroffenheit anlässlich der vielen Flüchtlinge, die nur deshalb Flüchtlinge sind, weil der Krieg sie dazu gemacht hat. Aber Kerner moderiert die Widersprüche einfach weg. Er kann es zwischen Panzern menscheln lassen, wie auch zwischen Prominenten, die ihre Hilfsbereitschaft demonstrativ zur Schau tragen. Wenigstens gab es diesmal keine Trikots der Fußballnationalmannschaft.
SEP
Über den Autor:
André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.