Versorgungssicherheit heißt, jemanden sicher versorgen

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Energieintensive Unternehmen erhalten bisher einen Mengenrabatt, weil sie viel Strom verbrauchen. Das bleibt auch so. Neu ist aber, dass dieselben Unternehmen auch Prämien kassieren können, wenn diese mal kurz auf Strom verzichten. In beiden Fällen zahlt  der normale Verbraucher indirekt über seine Stromrechnung die Geschenke an die Industrie. Während also die Bürger ständig aufgefordert werden, Strom zu sparen und gegebenenfalls den Anbieter zu wechseln, kann sich die Industrie weiterhin über Rabatte, Prämien und eine Deckelung der Haftung freuen. 

Damit ist auch klar, was mit “Versorgungssicherheit in Deutschland” gemeint ist. Die Konzerne und deren Besitzer müssen sicher mit dem Geld der Nichtbesitzenden versorgt werden. Die dürfen müssen dann freilich einen der vielen schlechtbezahlten Jobs annehmen. Aber wie wir aus der neuesten Version des Armutsberichts wissen, ist diese Entwicklung keinesfalls schädlich für eine Gesellschaft, sondern ein “Ausdruck struktureller Verbesserungen”.

Es ist schon erstaunlich, mit wie viel Verve sich der liberale Wirtschaftsminister für staatliche Eingriffe in einen Markt einsetzt, der doch eigentlich alles von alleine regeln soll. Es konnte ja auch keiner ahnen, dass Windmühlen auf dem Meer ihren produzierten Strom nicht durch die Luft katapultieren, sondern wie gewöhnlich per Kabel an ein Transportnetz angeschlossen werden müssen. Aber so ist das in einer Leistungsgesellschaft. Da riesige Windparks theoretisch viel leisten, nämlich Megawatt um Megawatt, müssen stinknormale Verbraucher, die ja nichts produzieren, tiefer in die Tasche greifen. Leistungslosen Wohlstand dürfe es aus Sicht von Rösler ja nicht geben.

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Wie Merkel Bosbach kritisiert, verrät viel

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Es ist bekannt, dass Wolfgang Bosbach (CDU) als Kritiker der Euro-Rettungspolitik gilt und immer neue Hilfszahlungen an Griechenland ablehnt. Er sieht Europa auf dem Weg in eine Haftungs- und Transferunion. Ob Bosbach den Durchblick hat, sei mal dahingestellt. Richtig ist aber, dass die Risiken weiter zunehmen und die Krisenpolitik Angela Merkels bisher nur eines bewirkt hat. Der Schlamassel wird immer teurer. Da kann Schäuble noch so oft behaupten, die Kosten und Risiken würden so gut es geht minimiert.

Nun ist aber höchst aufschlussreich, mit welcher kruden Logik die rhetorisch minderbemittelte Kanzlerin ihrem Kritiker während der CDU/CSU Fraktionssitzung entgegen trat. Sie soll gesagt haben, dass kein anderes Land der deutschen Regierung folgen würde, wenn sie den Geldhahn einfach zudrehe. Wieso hat man dann nur immer wieder damit gedroht? Doch jetzt kommt es. Sie, die Kanzlerin, habe mit der griechischen Führung gesprochen, ob sie „freiwillig“ aus dem Euro-Raum ausscheiden wolle. Die Antwort sei „Nein“ gewesen. Sie habe weiter gefragt, ob das Land trotz der damit verbundenen Härten im Euro-Raum bleiben wolle. Die Antwort habe „Ja“ gelautet. (Quelle: FAZ Online)

Es ist wahrscheinlich nur ein Übersetzungsfehler. Doch in ihrer gewohnt irrationalen Art hat die gläubige Physikerin aus der Uckermark ein weiteres Mal die Erpressung eines souveränen Nachbarstaates zugegeben. Doch wieso sollte die griechische Führung und meinetwegen auch die deutsche nicht aus dem Euro-Raum ausscheiden? Freiwillig müssten das Samaras, Venizelos, Merkel und Schäuble auch nicht tun. Demokratische Wahlen würden anfänglich schon reichen, um die politischen Versager zumindest aus ihren Ämtern zu jagen.

Da Merkel ohnehin davon überzeugt ist, der besten Regierung seit über 20 Jahren anzugehören, sollte doch der Grundsatz gelten, auf dem Höhepunkt einfach mal abzutreten.

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Armutsbericht entspricht jetzt dem Willen der FDP

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Der insgesamt 4. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesrepublik Deutschland liegt den Ministerien seit dem 17. September vor. Damals entsprach das Ergebnis nicht der Meinung der FDP, wie Philipp Rösler gleich nach Erscheinen des “Entwurfs” lauthals verkündete. Heute ist in den Zeitungen zu lesen, wie eine korrekte Darstellung der sozialen Lage Deutschlands aus Sicht eines Doktors mit abgebrochener Fachausbildung zum Augenarzt auszusehen hat. Solche sprachlichen Anpassungen seien ganz normal, teilte ein Sprecher des zuständigen Arbeitsministeriums mit.

Natürlich muss die Realität so umgeschrieben werden, dass sich der fälschlicherweise als “arm” bezeichnete Schmarotzer eine soziale Hängematte auch noch leisten können muss. Gute Modelle gibt es nämlich erst ab 100 Euro aufwärts. Da darf nicht der Eindruck entstehen, als seien die unteren Einkommen zu stark gesunken. Deshalb führen sinkende Reallöhne auch nicht zu einer Verschlechterung persönlicher Lebenslagen, sondern seien Ausdruck struktureller Verbesserung am Arbeitsmarkt, für die gerade jene dankbar sein sollten, die sich laut alter Fassung des Berichts über die zunehmende Einkommensspreizung beschweren und dies als ungerecht empfinden könnten.

Die liberale Sichtweise, wonach eine weit verbreitete römisch dekadente Lebensweise gerade unter einkommensschwachen Haushalten vorherrsche, dürfe durch den Bericht nicht ausgeschlossen werden.

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Husch, husch durch den Bundestag

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Wie soll man das nennen, was der Bundestag nach dem Willen der schwarz-gelben Bundesregierung am Donnerstag beschließen soll? Ein Rettungspaket? Wie viele durch deutsche Parlamentarier unbesehene Sendungen dieser Art hat es in der Vergangenheit schon gegeben? Ich zähle nicht mehr mit. Peer Steinbrück offenbar schon. Seine Sorge gilt aber nicht dem Irrsinn, den die Bundesregierung als neuerlichen Plan zur angeblichen Wiederherstellung europäischer Stabilität verkaufen will. Nein, den Kanzlerkandidaten der SPD bedrückt allein die Frage, was die von Deutschland aus betriebene Zerstörung Griechenlands den deutschen Steuerzahler kostet.

Die Zustimmung der SPD und auch der Grünen zum abermaligen und damit verfassungswidrigen Husch, husch Gesetz der Bundesregierung könne es nur dann geben, wenn die Folgen für den Bundeshaushalt klar seien, so der große Arbeiterführer mit volkswirtschaftlicher Halbbildung. Die Frage aber, welche Folgen der beschlossene Unfug der vermeintlichen Euroretter konkret für Griechenland haben wird, übersteigt die gedanklichen Fähigkeiten der Bundes-SPD.

Jens Berger klärt an dieser Stelle weiter auf…
http://www.nachdenkseiten.de/?p=15263

PS: Wolfgang Schäuble hat kürzlich darauf hingewiesen, dass man bei der Eurorettung einen großen Schritt vorangekommen sei. Das stimmt, bis zum nächsten Krisengipfel ist es wieder ein Tag weniger.

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TV-Tipp: Ottis Schlachthof läuft zum letzten Mal

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Zur letzten Schlachthof-Sendung im Bayerischen Fernsehen soll es heute Abend ab 22.30 Uhr ein Abschiedsspektakel für Ottfried Fischer geben. Es treten seine Lieblingsgäste aus 17 Jahren Kabarett-Talk auf. Darunter Monika Gruber, Günter Grünwald, Helmut Schleich, Christian Springer, Urban Priol, Willy Astor und Michael Altinger.

Quelle: BR Fernsehen

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Ökonomischer Analphabetismus II

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Auf WDR5 gibt es das Echo des Tages, das auch auf NDR Info zu hören ist. Als ich vorhin in der Badewanne lag, hörte ich einen Kommentar von Wolfgang Landmesser zu dem europäischen Aktionstag gegen die Kürzungspolitik.

Auch viele der in Brüssel beschlossenen Reformen müssen sein, um die Volkswirtschaften fit zu machen für den globalen Wettbewerb. Das hat weniger mit Neoliberalismus zu tun als mit gesundem Wirtschaftsverstand. In den ersten zehn Jahren der Währungsunion haben die niedrigen Zinsen im Euroraum die strukturellen Schwächen überdeckt. Die Schere der Lohnstückkosten ging immer weiter auseinander zwischen den Ökonomien im Norden und im Süden. Das bedeutet: die Menschen in Portugal oder Spanien verdienten im Vergleich zu viel, um dort zu wettbewerbsfähigen Kosten produzieren zu können. Dadurch hatten es die Unternehmen immer schwerer gegen die internationale Konkurrenz zu bestehen. Während die Importe stiegen, bröckelten die Exporte. Das kann ein Land, das kann eine gemeinsame Währung nicht auf Dauer durchhalten. Deswegen müssen die Länder ihre Arbeitsmärkte und Sozialsysteme an den richtigen Stellen zu reformieren. Dazu gehört aber ganz sicher auch eine stärkere soziale Balance der Antikrisenpolitik. Die Wut der Demonstranten ist verständlich – ob in Athen, Lissabon, Madrid oder Brüssel. Gerade die Höher- und Höchstverdiener sollten ihren Anteil leisten müssen.

Was Landmesser unter einem gesundem Wirtschaftsverstand versteht, ist allenfalls eine Teilwahrheit. Zur ganzen Wahrheit müsste dem Text folgender Absatz hinzugefügt werden:

Viele der in Brüssel beschlossenen Reformen müssen sein, um die Volkswirtschaften fit zu machen für den globalen Wettbewerb. Diese Perspektive hat viel mit Neoliberalismus zu tun, deren Anhänger immer vorgeben, viel gesunden Wirtschaftsverstand zu besitzen. In den ersten zehn Jahren der Währungsunion hätten die niedrigen Zinsen im Euroraum die strukturellen Schwächen überdeckt. Warum ist den Menschen mit dem vermeintlich gesunden Wirtschaftsverstand so etwas erst nach zehn Jahren aufgefallen?

Die Schere der Lohnstückkosten ging immer weiter auseinander zwischen den Ökonomien im Norden und im Süden. Das bedeutet: die Menschen in Deutschland verdienten im Vergleich zu wenig, und haben deshalb zu wettbewerbsfähigen Kosten produzieren können. Dadurch hatten es die Unternehmen immer leicht, gegen die internationale Konkurrenz zu bestehen. Während die Exporte stiegen, bröckelten die Importe. Das kann ein Land, das kann eine gemeinsame Währung nicht auf Dauer durchhalten. Deswegen muss das Land seine Arbeitsmarktpolitik an den richtigen Stellen überdenken und beispielsweise einen Mindestlohn einführen. Dazu gehört aber ganz sicher auch eine stärkere soziale Balance der Antikrisenpolitik. Der Zorn der Demonstranten ist verständlich – ob in Athen, Lissabon, Madrid oder Brüssel. Die Menschen dort haben einfach recht. Gerade die Höher- und Höchstverdiener sollten nicht bloß einen Anteil, sondern die gesamten Kosten, der von ihnen verursachten Krise tragen.

Soviel zum gesunden Wirtschaftsverstand in den Hörfunkanstalten der ARD.

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Ökonomischer Analphabetismus

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Während sich die deutsche Journaille hauptsächlich um den Gemütszustand von Claudia Roth Gedanken macht, fallen punktuell auch Bemerkungen über die Eurokrise. Zwei der dämlichsten will ich mal nennen:

“Nötig sind die schmerzvollen Einschnitte gleichwohl. Sie dienen ja nicht als Selbstzweck, sondern zur Sanierung des portugiesischen Haushalts.“ (Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung)

Das ist in etwa so, als würde man es richtig finden, mit dem Auto vor die Wand zu fahren, damit es zurück in die Spur findet. Sollte es nach dem Crash nicht mehr funktionieren, liegt das aber nicht an dem Aufprall, der zur Zerstörung von Motorraum und Fahrwerk führt, sondern an der geringen Geschwindigkeit, mit der gefahren wurde. Falls die Insassen den ersten Aufprall überlebt haben, wird man ihnen genau das vorwerfen, nachdem man sie für ihre Leidensfähigkeit kurz bewundert hat. Merkel sprach sogar von allergrößter Hochachtung.

“Dass die Kreditgeber ihre Milliardenhilfen an Sparauflagen knüpfen, ist nachvollziehbar.“ (Quelle: Neue Westfälische aus Bielefeld)

Wenn man so einen Scheiß liest, ist nur allzu nachvollziehbar, warum Zeitungen hierzulande Insolvenz anmelden müssen. Das liegt nicht an wegbrechenden Anzeigenkunden, sondern an der erschreckenden Inkompetenz, die durch Sparauflagen in den Redaktionen geradezu inflationär befördert wird. Das Denken wird abgeschafft und durch Sprechblasen ersetzt. Einfachste Zusammenhänge werden nicht mehr verstanden. Es ist doch nicht nachvollziehbar, Kredite an Sparauflagen zu knüpfen, die nachweislich zum Crash ganzer Volkswirtschaften führen und damit das Risiko des Kreditgebers offenkundig erhöhen. Es sei denn, der Kreditgeber wettet an anderer Stelle auf den Ausfall seiner eigenen Forderungen.

Aber die Solvenz des Schuldners, die jeder Gläubiger zwingend braucht, ist gar nicht das Ziel, sondern eine perfide Lust an der Zerstörung oder Unterwerfung anderer.

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Kurzarbeit steigt spürbar an

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In Niedersachsen nehme die Kurzarbeit wieder zu. Gemeint ist natürlich eine Zunahme der Nichtarbeit, die weder kurz noch lang ist. Das will NDR1 herausgefunden haben und nennt als Quelle die Arbeitsagentur für Niedersachsen und Bremen. Demnach hätten im Oktober 175 niedersächsische Betriebe angekündigt, Kurzarbeit zu planen. Rund 2.700 Mitarbeiter wären dann betroffen. Laut Aussage der Arbeitsagentur seien damit die Anzeigen für Kurzarbeit zum ersten Mal in diesem Jahr spürbar gestiegen.

Betroffen ist vor allem die Automobilindustrie, deren Zulieferer und die Bau-Branche, in der sich eine schwächere Nachfrage abzeichne. Nun wissen wir, dass solche Meldungen am Rande erscheinen und immer einen beruhigenden Hinweis enthalten. In Kurzarbeit steckt das ja schon drin. Man kennt aber auch Formulierungen wie, das Beschäftigungswachstum nimmt ab (gemeint ist ein Anstieg der Arbeitslosigkeit) oder einen kräftigen Anstieg bei der Beschäftigung, der immer dem leichten Rückgang vorausgehe. In diesem Fall wird gesagt, dass die Lage längst nicht so schlimm sei wie 2009, als zeitweise mehr als 20.000 Menschen in Niedersachsen wegen Kurzarbeit mangels Aufträgen in den Büchern ihrer Arbeitgeber eben nicht arbeiteten.

Man kann die Zeichen richtig deuten und angesichts der starken Einbrüche auf den Gütermärkten von einer Rezession sprechen oder aber weiterhin so tun, als sei das Ganze nur eine vorübergehende Schwächephase im Winterhalbjahr, die der private Konsum schon ausgleichen werde, obwohl gleichzeitig die Einführung eines Mindestlohns weiterhin verweigert wird.

„Mit Blick auf den deutschen Arbeitsmarkt warnt der Sachverständigenrat ausdrücklich davor, das Rad zurückzudrehen. Forderungen nach Mindestlöhnen sieht er als kontraproduktiv an.“

Stattdessen erhöht die Bundesregierung die Minijob-Verdienstgrenze auf 450 Euro und steigert damit weiter die Attraktivität des Niedriglohnbereichs. Hoppla, da ist sie ja wieder, die positive Umschreibung eines an sich katastrophalen Zustands.

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