Baroin enthüllt geheime Geschichten

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Wenn Regierungsmitglieder aus dem Amt scheiden, schreiben sie in der Regel Bücher, in denen sie aus dem Alltag ihrer politischen Arbeit berichten. Der ehemalige französische Finanz- und Wirtschaftsminister François Baroin sorgt nun mit seiner ersten Veröffentlichung “Journal de crise”, die am 7. November erscheinen soll, für einen Paukenschlag. Darin schildert er, wie Merkel und Sarkozy im November 2011 auf den damaligen griechischen Premierminister George Papandreou Druck ausgeübt haben. Papandreou hatte seinerzeit ein Referendum über den Kürzungskurs angekündigt und wenige Tage später widerrufen.

Baroin behauptet nun, dass Merkel und Sarkozy ein Ultimatum formulierten. Entweder Papandreou nehme Abstand von seinem Plan, eine Volksabstimmung durchzuführen, oder aber die Finanzhilfen würden nicht ausgezahlt. Sarkozy zu Papandreou:

„On te le dit clairement, si tu fais ce référendum, il n’y aura pas de plan de sauvetage.“ 

[…]

Merkel lui redit la même chose de façon très ferme.

Auszüge hier…

Das war ja schon immer irgendwie klar. Nur hat noch niemand, der an dem Vorgang direkt beteiligt war, die aggressive Einmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten so deutlich bestätigt. Die Passagen lesen sich wie ein Krimi. Papandreou habe geschwitzt, gewankt und am Ende nach zwei Stunden intensiver Bearbeitung die Waffen gestreckt.

Darüber hinaus soll es innerhalb der französischen Regierung nicht protokollierte Gespräche und Überlegungen gegeben haben, die sich mit den Folgen eines Austritts Griechenlands aus der Eurozone befassten. Baroin nennt das Ergebnis dieses Gedankenspiels “Black Swan” und erklärt, dass bei einem Griechenland-Exit auch Frankreich die Eurozone hätte verlassen müssen.

Man sollte natürlich nicht außer Acht lassen, dass hier ein abgewählter Politiker und Ex-Journalist mit einem Buch Kasse machen will.

Wer mehr über die aktuellen Entwicklungen erfahren möchte, auch im Hinblick auf die Schonung von griechischen Steuerflüchtlingen, sollte hier weiterlesen…

http://www.querschuesse.de/griechenland-meldung-des-monats-warum-papandreou-das-referendum-uber-die-austeritatspolitik-im-november-2011-stoppte/

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Was sie sich sparen können

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Die Morgensendung bei NDR1 Niedersachsen heißt “Hellwach mit Christiane Köller”. Besonders ausgeschlafen zeigte sich die Moderatorin heute am Weltspartag aber nicht. Die Deutschen besäßen viel Geld, stellte Köller fest und staunte über 4811 Milliarden Euro Geldvermögen. Da seien wir ja alle reicher geworden, lautete die dümmliche und gleichfalls naive Bemerkung der Moderatorin, die sich zuvor mit dem “Experten” von der Zeitschrift Finanztest, Hermann-Josef Tenhagen, über attraktive Anlageformen unterhalten hatte.

Seit der Einführung des Dummfunks und der parallelen Züchtung von notorisch gut gelaunten Morgenmoderatoren, die bereits um fünf Uhr in der früh ihre aufgesetzte Freude und Heiterkeit durch den Äther jagen, beginnen die Tage mit einem verstärkten Adrenalinausstoß infolge rasant zunehmenden Ärgers. Das Anhören solcher Sendungen können sie sich also getrost sparen. Am Abend ist es aber kaum besser. Aktuell denke ich noch über die Schlagzeile nach, dass der “Herbstaufschwung” schwächer als sonst ausgefallen sei.

Aber das spare ich mir auch und freue mich zur Abwechslung über den Unterhaltungswert der SPD. Wie blöd muss man eigentlich sein. Steinbrück lässt zwar seine Hosen runter und allerorten wird von Transparenz gefaselt. Das aber das politische Ziel zur Herstellung von Transparenz keineswegs die mangelnde Qualität einer Führungsspitze ausgleichen kann, haben schon die Piraten bewiesen. Nun glaubt offenbar die SPD daran, mit dem entblößten Steinbrück den politischen Gegner im Regierungslager vorführen zu können. Ein Schuss, der gehörig nach hinten losgehen wird.

Denn nicht die Koalition ist jetzt am Zug, wie einige offenbar zahlenblinde Menschen meinen, sondern Steinbrück selber, der unverschämt hohe Honorare von im Schnitt 14.000 Euro kassiert hat. Es drängt sich doch die Frage auf, was er und natürlich auch andere vor Vertretern aus der Wirtschaft und der Hochfinanz denn geleistet haben, das soviel wert ist? Mit der Antwort könnte der Kanzlerkandidat der SPD dann sicherlich auch beim Supertalent auftreten. Die Prüfung als Pausenclown für Union und FDP hat er jedenfalls schon bestanden. In deren Kreisen kursiert bereits der Gag, den Steinbrück können wir uns als Referenten gar nicht leisten.

Die fremdbestimmte SPD macht sich mal wieder nur lächerlich. Mit Steinbrücks detaillierter Offenlegung will sie erreichen, dass andere Nebeneinkunft-Spitzenverdiener Gesetzen zustimmen, die mehr Transparenz regeln und mögliche Korruption verhindern. Sie selbst findet aber die nun bekannten hohen Honorare des Herrn Kanzlerkandidaten gar nicht anstößig. Der Inhalt seiner Vorträge sei “unverdächtig”, hieß es verteidigend von Parteichef Gabriel. Steinbrück habe als Vortragsreisender ja nichts gesagt, was er nicht auch schon im Bundestag gesagt hätte. Aha. Bleibt nur das Problem, warum dann jemand bis zu 25.000 Euro dafür zahlt. Ein Video wäre billiger gewesen.

Das bereits bestehende massive Glaubwürdigkeitsproblem der SPD hat sich durch Steinbrücks größtmögliche Offenheit noch einmal verstärkt. Der Show-Effekt, den sich die Opposition nun beim Vorführen der Regierung erhofft, wird hinter den 1,25 Millionen Euro für im Prinzip inhaltsgleiche Vorträge verschwinden. Selbst bei der berühmten Mövenpick-Großspende an die FDP in Höhe von 1,1 Millionen Euro war der Verwendungszweck offensichtlich.

Die Verknüpfungen zwischen Steinbrücks politischen Entscheidungen und nachgelagerten Honoraren dürften sehr schnell zum Thema werden. Das ist eine leichte Übung für den politischen Gegner. Es bleibt dabei, mit der Nominierung Steinbrücks hat sich die SPD klar für Merkel als nächste Kanzlerin entschieden. Doch darüber nachzudenken, sollten sie sich vor dem Hintergrund der zunehmenden Unruhen in Südeuropa sparen. Übrigens raten Investoren von einem Engagement in Griechenland ab. Dann sollten sie lieber Syrien nehmen.  Das nur am Rande, falls sie wie Tenhagen und der NDR über sinnvolle Anlagestrategien für ihre Millionen nachdenken. 

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Viele Nullen pflastern einen Weg auf Trümmern

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Seit dieser Woche wissen wir, dass man zwar mit Redakteuren, aber nicht in deren Arbeit hinein reden dürfe. In zahlreichen Interviews, vornehmlich mit sich selbst, stellten die Journalisten klar, dass eine Aushöhlung der Pressefreiheit für sie nicht in Frage komme. Zumindest nicht, wenn das Ganze auf so plumpe Weise vorgetragen wird, wie aktuell von der CSU.

Dennoch kann das alberne Gebrüll der besser gestellten Medienleute, die ihren Status gerade einer guten Vernetzung in ebenso gut situierte gesellschaftliche Kreise zu verdanken haben, nicht über Inkompetenz und mangelnde Qualität in der Berichterstattung hinwegtäuschen.

Beispiel Griechenland:

Laut einem Bericht des Spiegels soll die Troika einen neuen Schuldenerlass für Griechenland vorgeschlagen haben. Aber nicht nur das. Gleichzeitig habe die „Expertengruppe“ aus IWF, EZB und Europäischer Kommission in ihrem Bericht 150 neue Vorschläge unterbreitet. Wofür das gut sein soll, ist allerdings nicht ganz klar. Denn was die Lockerung des Kündigungsschutzes, eine Aufweichung des Mindestlohns und eine Aufhebung bestimmter Berufsstandsprivilegien mit dem Abbau des Staatsdefizits zu tun haben sollen, bleibt ein Rätsel, das keinen weiter interessiert.

Auf der anderen Seite steht die Schlagzeile, dass Schäuble einen weiteren Schuldenschnitt ablehne, weil das mit dem Haushaltsrecht nicht vereinbar sei. Freilich fällt der Eingriff in das Budget Griechenlands mit Kürzungsprogrammen, Sperrkonten und automatischen Steuererhöhungen oder Sanktionen bei fehlender Umsetzung nicht darunter. Schließlich könnten die Griechen auch dafür verantwortlich sein, dass Deutschland seinen ausgeglichenen Haushalt verfehlt.

Nächstes Jahr soll dieser „nahezu“ ausgeglichen und 2014 ein Bundeshaushalt ganz ohne neue Schulden möglich sein. Angesichts dieser vermeintlich tollen Aussichten – niemand kann sagen, wofür ein ausgeglichener Haushalt gut sein soll – frohlocken deutsche Medien und übersehen dabei, dass Schäuble plötzlich über ein Schuldenrückkaufprogramm zu niedrigen Zinsen verhandeln möchte.

Da eine Insolvenz oder ein Euroaustritt Griechenlands bereits ausgeschlossen wurden (Schäuble: „I think, there will no, it will not happen that there will be a Staatsbankrott in Greece.“), lassen sich Eurobonds (freilich unter einer anderen Bezeichnung, weil sonst Angela Merkel sterben müsste) zur Staatenfinanzierung nicht länger leugnen. Doch statt danach zu fragen, wie sich Schäuble eine künftige Staatenfinanzierung genau vorstellt oder wie es zum abermaligen Positionswechsel der Bundesregierung kommen konnte, liegt hierzulande der Fokus auf dem bevorstehenden Koalitionsgipfel, dessen Teilnehmer zwischen Betreuungsgeld und Praxisgebühr einen Weg zur „Schwarzen Null“ pflastern wollen.

Und diesen Weg auf den Trümmern Europas werden dann schwarz-gelbe und rot-grüne Nullen mit den vermeintlich unabhängigen Schreiberlingen gemeinsam gehen.

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Merkels Nummerngirl und Schäubles Vergewaltigung

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Person und Gewissen heißt Annettes Doktorarbeit. Ob Plagiat oder nicht, spielt eigentlich keine Rolle. Von Bildungspolitik hat Schavan keine Ahnung. Nicht nur, dass ihr Ministerium wegen der Föderalismusreform praktisch überflüssig geworden ist, selbst als Nummerngirl der Regierung ist sie weder ein Hingucker, noch versteht sie die Zahlen auf den von ihr hochgehaltenen Pappschildern.

Stichwort öffentliche Bildungsausgaben: Da hat es im vergangenen Jahr die peinliche Verwechslung zwischen einer nominalen Steigerung und einer realen Stagnation gegeben. Zwar konnte gegenüber dem Jahr 2005 ein Zuwachs bei den Bildungsausgaben um knapp 20 Milliarden Euro verzeichnet werden. Gemessen am BIP hätten sich die Ausgaben damit aber kaum verändert. Mit 4,1 Prozent am BIP gibt Deutschland demnach genauso viel für Bildung aus wie im Jahr 1995.

Im Vergleich zu anderen OECD-Staaten hat Deutschland eine unterdurchschnittliche Entwicklung genommen. Andere haben seit 1995 ihre Bildungsausgaben in Relation zum BIP kräftig steigern können. Die Deutschen hingegen wollten unter Merkel 10 Prozent erreichen und versuchen das statt über Ausgaben vor allem mit Rechentricks zu bewerkstelligen. Das ist vergleichbar mit der Ermittlung der Arbeitslosenzahlen. Nur das hier keine Menschen heraus, sondern bereits vorhandene Ausgaben in die manipulierte Statistik hinein gerechnet werden.

Nun ist die Aufgabe eines Nummerngirls bekanntlich die, das Publikum während der Pause zu unterhalten. Für diesen Zweck inmitten der Krise taugt Schavan allemal. Denn eigentlich müssten wir ja über Minister Schäuble diskutieren, der im fernen Singapur die Finanzschallmauer nicht im freien Fall, wohl aber mit der Kraft der zwei Sprachen durchbrach. Leider klappte die übliche Verschleierung mit Worten gleich doppelt nicht.

„I think, there will no, it will not happen that there will be a Staatsbankrott in Greece.“

Entgegen der deutschen Vernebelungstaktik, wonach eine Hilfszusage immer an strenge Bedingungen geknüpft wird, ist in Südostasien ein griechischer Staatsbankrott für Schäuble praktisch ausgeschlossen. Es geht auch gar nicht anders, müsste es doch langsam in den Reporterhirnen dämmern. Selbst wenn die Griechen sich dazu entschließen würden, der Merkelschen Kürzungspolitik zu trotzen, müsste der Exportweltmeister und Nettogläubiger Deutschland weiter Geld in den Süden transferieren, um die eigene innenpolitische Stabilität nicht zu gefährden.

Schäuble ist nun auf Werbetour, um neue Gläubiger für die alten Schuldner zu finden. Das wiederum streitet gegen jenes in der Heimat gebetsmühlenartig vorgetragene Lied über die böse Schuldenmacherei. Denn in Deutschland und Europa soll mit Hilfe von Schuldenbremsen eine „Zukunft ohne Schulden“ möglich werden. Dieser Blödsinn ist populär, hilft aber nicht aus der Krise. Denn…

„Zukunft ohne Schulden wäre deshalb Zukunft ohne Geld. Wer das propagiert, ist antikapitalistischer als die SED. In der DDR gab es wenigstens Alumünzen.“

Quelle: Zeit Online

Deshalb müssen Schäuble und Merkel die Sprache vergewaltigen, um sie als Mittel der Kommunikation unbrauchbar zu machen. Was gemeint oder beabsichtigt ist, soll bewusst nicht erkennbar sein, weil es der herrschenden Ideologie widersprechen könnte. Befürchtet wird ein Schock inmitten der Schocktherapie. Um dem auszuweichen, wundert man sich lieber öffentlich über das Ausnutzen jener Spekulationsräume, die die eigenen Aussagen naturwüchsig produzieren.

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Merkels Frechheiten im Affekt

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Merkels geistlose Frechheiten nehmen kein Ende. Nach dem Herbstgutachten der Wirtschaftspfeifen ließ sich die Regierungschefin zu einer, sagen wir mal, Reaktion im Affekt hinreißen. Sie wolle den Konsum ankurbeln, hieß es heute überall in den Nachrichten. Doch das war nur der erste Teil der Meldung. Beim zweiten Teil, dem Wie, hat man bei den Liberalen die Sektkorken knallen hören. STEUERSENKUNGEN. So selten dämlich kann doch keiner mehr sein, frage ich mich. Doch einer ist noch blöder. Dieter Hundt. Er forderte die Regierung auf, zur Ankurbelung des Konsums die Rentenbeiträge zu senken.

Dumm nur, dass die noch Arbeitenden mit den dann zusätzlich zur Verfügung stehenden Mitteln von vielleicht aufgerundeten zwei Euro im Monat nicht nur den Konsum kräftig ankurbeln sollen, sondern gleichzeitig auch Geld privat versichert zurücklegen müssen, um die bevorstehende Altersarmut ein wenig abzumildern. Diese Milchmädchenrechnung vom Arbeitgeberpräsidenten wird garantiert aufgehen.

Doch den letzten Sockenschuss lieferte die Kanzlerin persönlich ab, als sie die einprozentige Wachstumsprognose für 2013 vergleichend zum Erfolg erklärte. Deutschland liege damit im Eurobereich recht weit vorne, verkündete die Bleierne. In Sachen Doofheit liegt die Kanzlerin mit Verlaub auch recht weit vorne. Geradezu geistesgegenwärtig stellte sie dann noch fest, dass Deutschland als Exportnation von den Abschwächungstendenzen in der Eurozone und in Asien betroffen sei, nein, sich nicht entkoppeln könne. Doch jetzt kommt’s:

„Aber insgesamt kann Deutschland auch nur so gut Motor sein, wie die anderen dann nachziehen.“

Die anderen sollen nachziehen, damit sich die deutsche Exportwirtschaft auch weiterhin auf Kosten jener anderen bereichern kann, die gerade von der Bundeskanzlerin zum Sparen und Kürzen genötigt werden. So lautet das Merkelsche Naturgesetz. Vor so viel offen vorgetragenen Frechheiten kannst du nur noch kapitulieren. Die Vernunft ist tot.

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Vorsicht, Experten

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Sogenannte Experten kündigen mal wieder ihr Herbstgutachten an. Dabei handelt es sich bei diesem Papier bloß um eine umfangreiche Korrektur ihres Frühjahrsgutachtens, was wiederum eine Berichtigung der Irrtümer aus dem vorangegangenen Herbstgutachten war und so weiter und sofort. Wie sich aber die deutsche Wirtschaft tatsächlich entwickeln wird, wissen diese Experten freilich nicht, da sie nicht auf Prognosen, sondern auf Prophezeiungen setzen. Das ist eine Vorgehensweise, der sich auch die Bundesregierung regelmäßig anschließt.

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TV-Tipp: Neues aus der Anstalt

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Mitten im Herbst beenden Urban Priol und Erwin Pelzig ihre Sommerpause. Neues aus der Anstalt startet pünktlich am Tag der Auslieferung von Angela Merkel an Griechenland. Am Dienstag, 9. Oktober ist es wieder soweit. Um 22:15 Uhr gehen Priol und Pelzig auf Sendung. Unterstützt werden die beiden vom kabarettistischen Pflegepersonal Ingo Appelt, Max Uthoff und Philip Simon.

Mal gucken, was das wird. Vielleicht gibt’s ja einen Rückblick auf Che Guevara – er wurde am 9. Oktober 1967 hingerichtet – oder auf die große Leipziger Montagsdemonstration vom 9. Oktober 1989 mit 70.000 protestierenden Menschen in einer Stadt.

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Kein Knecht des Kapitals, aber ein Partner

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Peer Steinbrück sei kein Knecht des Kapitals. Das hat ja auch niemand behauptet. Anhand der lupenrein angegebenen Honorare, deren tatsächliche Höhe man allerdings nur erahnen kann, ist doch klar, dass zwischen dem Ex-Finanzminister und der Finanzlobby eine enge Partnerschaft bestand und besteht. Er habe vor Vertretern der Banken und Versicherungen nie anders geredet als bei seinen öffentlichen Auftritten, beteuert Steinbrück. Auch das zweifelt ja niemand an.

Entscheidend ist noch immer die politische Verantwortung für Beschlüsse, die seinen Namen tragen. In dieser Woche, die bedauerlicherweise von einem sonderbaren Feiertag unterbrochen wurde, ist zu Steinbrücks Leistungen als Minister allerhand geschrieben worden. Vor allem seine Ahnungslosigkeit mit Blick auf volkswirtschaftliche Zusammenhänge und die Dimension der Finanzkrise setzt sich noch heute fort. Zwar gibt er vor (es soll ja eine Kampfschrift existieren), unheimlich schlau zu sein und sich vom einstigen Befürworter der Finanzindustrie zu einem Kritiker gewandelt zu haben, mehr als ein Schauspiel ist das aber nicht.

Steinbrück der Unterhalter, das gefällt vor allem den Demoskopen, die sich nach dem schlechten Wahlkampf 2009 entsprechende Show-Effekte versprechen. Vor drei Jahren mühte sich der blasse Steinmeier unter anderem auch gegen Steinbrück, der die Fortsetzung der Großen Koalition zu diesem Zeitpunkt für kein Unglück hielt und damit die Wahlstrategie seiner Partei kurzerhand über den Haufen warf. Angela Merkel verweigerte gar ganz die Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner, der in Wahrheit ja keiner ist.

Volker Pispers sagte zu Beginn der Woche, mit Steinbrück habe sich die SPD klar für Merkel als Kanzlerin entschieden und das stimmt. Allein die Medien haben das noch nicht begriffen. Theoretisch könnten die Deutschen nur wählen, wer die nächste Große Koalition anführen soll. Merkel/Steinmeier oder Steinbrück/von der Leyen. Erfahrungsgemäß entscheidet sich der Michel aber für jenes Übel, an das er sich bereits gewöhnt hat. Oder aber, er verzichtet ganz darauf, zur Urne zu gehen. Denn worin besteht denn das Angebot der SPD?

Die SPD hat es geschafft, auch in der Opposition als Regierungspartei wahrgenommen zu werden, der man das Versagen der amtierenden schwarz-gelben Koalition anlasten kann. Natürlich hat Steinbrück Recht, wenn er die Regierung als schlechtestes Kabinett aller Zeiten bezeichnet, doch hat gerade die SPD immer wieder Entscheidungen von den Oppositionsbänken aus mitgetragen. Sogar Angela Merkel war sich bei den Beschlüssen zur angeblichen Eurorettung immer sicher, eine breite Mehrheit im Parlament organisieren zu können.

Steinbrücks Kritik am Kurs Merkels beschränkte sich dann auch nur darauf, dass man nicht wisse, wo man mit ihr lande. Darin steckt ja die Akzeptanz eines korrupten Systems, dem sich Steinbrück offenbar genauso wie Merkel eng verbunden fühlt. Demnach sieht der Kanzlerkandidat der SPD die ausgebrochene Debatte über die Zusatzeinkünfte von Parlamentariern auch skeptisch. Denn so könnten bei den Wählern Ressentiments bestätigt werden, dass Politiker sich in einem System der Vorteilsnahme und Selbstbereicherung bewegten. „Da muss man aufpassen, dass man über Parteigrenzen hinweg nicht einen Prozess in Gang setzt, der die Politik insgesamt beschädigt“, mahnte Steinbrück.

Neben der offenkundigen Realitätsverweigerung des SPD-Politikers stellt sich doch die Frage, was an Vorträgen so wertvoll ist, dass man sie mit weitaus mehr als 7000 Euro vergüten muss. Wenn Steinbrück gesagt hätte, er habe das Honorar wegen seiner Fähigkeiten als Unterhalter und amüsanter Sprücheklopfer erhalten, wäre das ja noch nachvollziehbar. Schließlich werden in dieser Branche auch Lustreisen und die Versorgung der leitenden Angestellten mit Nutten als reguläre Ausgaben verbucht.

Mit Steinbrück macht sich die SPD ein weiteres Mal lächerlich. Wie Steinmeier vor drei Jahren, setze auch Steinbrück auf Sieg und nicht auf Platz. Die Worthülsen der Agenda-Verfechter ähneln sich. Vielleicht wird Steinbrück im internen Duell mit Steinmeier ja gewinnen und ein leicht verbessertes Ergebnis für die SPD erzielen. Für das Minimalziel, schwarz-gelb abzulösen, wird es ja allemal reichen, auch wenn es dadurch für die SPD nichts zu gewinnen gibt, außer ein Plätzchen auf Merkels Schoß.

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Die Gunst der Demoskopen

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Am Freitag habe ich mit einem Beitrag über die Einzelhandelsumsätze wohl auf das falsche Thema gesetzt. Kurz nach dem Beinah-Absturz eines Germanwings Fliegers in 2010 wurde der Aufstieg des SPD-Bruchpiloten der Ära 2005 bis 2009 zum Kanzlerkandidaten gemeldet. Peer Steinbrück soll als Herausforderer gegen Angela Merkel antreten. Die Entscheidung in der K-Frage überraschte auch alte Journalisten-Hasen wie Sigmund Gottlieb, der in den Tagesthemen meinte, Angela Merkel erfreue sich höchster Gunst der Demoskopen.

Genau darum geht es ja auch. Nicht der Wähler muss überzeugt werden, sondern die Demoskopen, die als Teil der PR- und Manipulationsmaschinerie über den Ausgang von Wahlen mitentscheiden. Ganz wichtig ist dabei der Beliebtheitsvergleicht zwischen den Kandidaten. Da haben jene Demoskopen nämlich festgestellt, dass Steinbrück seine Führungsposition aktuell eingebüßt hat.  

Direktwahl

Diese Kurven spiegeln jedoch weder Beliebtheit noch Wahlchancen wider. Vielmehr bilden sie den Grad öffentlicher Aufmerksamkeit ab. Im November 2011, der Moderator sagt es ja auch, lag Steinbrück nur vorne, weil der erste Hype um eine mögliche Kandidatur durch die Veröffentlichung des Buches “Zug um Zug” entstanden war, das Steinbrück zusammen mit Helmut Schmidt herausbrachte. Danach tauchte er in der Troika ab.

Mit dem nun wieder einsetzenden Hype erholt sich die Kurve bestimmt, vor allem auch deshalb, weil Steinbrück im Gegensatz zur lavierenden Kanzlerin als “Klartextmann” bezeichnet wird, der mit seinem Auftreten die Politikverdrossenheit der Deutschen pulverisieren könnte. Das ist schon eine kühne Behauptung wenn man bedenkt, dass Deutschland nicht einmal ein gültiges Wahlrecht besitzt. Trotzdem rücken das Thema Bundestagswahl und mögliche Koalitionen nun wieder verstärkt in die Diskussion.

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